Skandal um Bandscheibenprothesen: AOK-Bundesverband fordert hochwertige klinische Studien und obligatorische Haftpflichtversicherung von Hochrisiko-Medizinprodukten
(ots) - Der Skandal um die schadhaften
Bandscheibenprothesen im Klinikum Leer zeigt erneut, wie dringlich
ein verbesserter Patientenschutz bei Medizinprodukten in Europa ist.
"Hochrisiko-Medizinprodukte dürfen erst auf den europäischen Markt,
wenn deren Sicherheit, Wirksamkeit und positives
Nutzen-Risiko-Verhältnis durch hochwertige klinische Studien
nachgewiesen werden", sagte Martin Litsch, kommissarischer Vorstand
des AOK-Bundesverbandes, mit Blick auf die nächste Woche beginnenden
Trilogverhandlungen in der EU zur geplanten europäischen
Medizinprodukte-Verordnung.
Anlass sind die im Klinikum Leer eingesetzten fehlerhaften
Bandscheibenprothesen. Der AOK-Bundesverband geht davon aus, dass der
Skandal weitere Kreise zieht. Noch Ende 2011 gab es Meldungen, dass
die besagte Bandscheibenprothese nun regelmäßig bei Patienten in
Deutschland, den Niederlanden, Belgien und in der Schweiz implantiert
werde. Derzeit prüfe die Gesundheitskasse, wie viele AOK-Versicherte
bundesweit davon betroffen sein könnten.
Der AOK-Vorstand verweist darauf, dass im Falle der betroffenen
Produkt-Chargen der Ranier-Bandscheibenprothesen keine hochwertigen
klinischen Studien zu Nutzen und Risiken vorliegen. Üblicherweise war
für den Marktzugang nur die CE-Kennzeichnung zur technischen
Funktionstüchtigkeit des Produkts erforderlich. Fehlende Studien
seien umso gravierender, als hier, wie auch bei früheren
Schadensserien, etablierte Produkte auf dem Markt waren, die solche
Mängel nicht aufweisen.
Neben der mangelhaften Studienlage gibt es eine weitere Parallele
zum PIP-Skandal um schadhafte Brustimplantate im Jahr 2010: Laut
Medienberichten ist die Firma Ranier zwischenzeitlich in Insolvenz
gegangen. Litsch: "Das verdeutlicht, wie wichtig auch eine EU-weite
obligatorische Haftpflichtversicherung für Medizinprodukte-Hersteller
mit angemessener Mindestdeckungssumme ist. Sonst bleiben die
Geschädigten und die für die Behandlungskosten aufkommenden
Krankenkassen am Ende auf den Kosten sitzen und gehen mit ihren
berechtigten Ansprüchen auf Schadensersatz und Schmerzensgeld leer
aus."
Gerade das staatliche Zulassungsverfahren bei der
US-amerikanischen Behörde FDA zeige, so Litsch weiter, dass im
Vergleich zur EU ein höheres Sicherheitsniveau erreicht und ein
schneller Zugang zu innovativen Medizinprodukten sichergestellt
werden könne, ohne die Patientensicherheit gleich opfern zu müssen.
Auch der Europäische Gerichtshof hatte in seinem Urteil vom 5. März
2015 zu fehlerhaften Hochrisiko-Medizinprodukten klargestellt, dass
diese Produkte besonders hohe Sicherheitsanforderungen erfüllen
müssen. Dem hat sich der Bundesgerichtshof in seinen Urteilen vom 9.
Juni 2015 vollumfänglich angeschlossen.
Noch vor dem anstehenden Trilog auf europäischer Ebene (Beginn 13.
Oktober 2015) wird sich die AOK zusammen mit den europäischen
Partnerorganisationen deshalb noch einmal an die Europäischen
Institutionen wenden. Neben den Kernforderungen nach hochwertigen
Studien zu allen Hochrisiko-Medizinprodukten und einer
obligatorischen Haftpflichtversicherung für Hersteller als
Marktzugangsvoraussetzung hält die AOK auch höhere Anforderungen an
die sogenannten Benannten Stellen, die Hochrisikoprodukte
zertifizieren, sowie eine strengere Aufsicht dieser Benannten Stellen
für unerlässlich. Auch müssten die Studiendaten, die zur
Zertifizierung geführt haben, offen zugänglich gemacht werden.
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Dr. Kai Behrens
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Datum: 09.10.2015 - 12:55 Uhr
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