Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Buchmesse
Digitale Bereicherung
STEFAN BRAMS
(ots) - Es ist an der Zeit für ein Geständnis: Der
Verfasser dieses Leitartikels hat es getan - er hat sein erstes
schöngeistiges Buch nicht gedruckt, sondern digital - also als
sogenanntes E-Book - gelesen. Und? Es war komfortabel, weil er den
Text beliebig groß aufziehen konnte und die Helligkeit automatisch
gesteuert wurde. Umblättern ließ es sich sogar so sinnlich wie ein
gedrucktes Buch - samt Geräuschkulisse und Faltenwurf des Papiers.
Begriffe und Personen ließen sich flugs suchen und finden. Und wäre
er noch ein Kind, er brauchte mit den digitalen Lesegeräten keine
Taschenlampe mehr, um unter der Bettdecke geheimnisvolle Texte zu
entdecken. Selbst der Skeptiker ahnt langsam, aber sicher: Das
digitale Lesen ist eher eine Bereicherung denn eine Bedrohung des
Lesens und des Kulturguts Buch. Dass das gedruckte Buch hierzulande
noch längst nicht vor dem Aus steht, belegen auch die Zahlen. Weniger
als ein Prozent macht der Handel mit E-Books am Umsatzaufkommen der
deutschen Verlage aus. Selbige gehen davon aus, dass dieser Wert bis
2015 auf 16 Prozent steigen wird. Rund 60 Prozent aller Verlage
bieten bereits digitale Bücher an. Und das ist nur konsequent, denn
in den USA wurden im April dieses Jahres erstmals mehr E-Books
umgesetzt als gedruckte Bücher. Ein Zukunftsmarkt also, auf den sich
die Verleger einstellen müssen. Und zwar schnell, denn die Tatsache,
dass der Onlinehändler Amazon sich bereits zu einem Verlag
weiterentwickelt, zeigt: Die neue, digitale Zeit bestraft
Gemächlichkeit und hält schnell neue Herausforderungen bereit. Auch
für den Buchhandel, der vor seiner größten Herausforderung steht,
denn er muss seine Kunden ganz anders ansprechen, um sie nicht weiter
an die Online-Buchhändler zu verlieren. Dass unsere Welt der Bücher
sich gerade verändert, das hat die Frankfurter Buchmesse einmal mehr
sehr deutlich gezeigt. Dort dominieren zwar immer noch die Bücher,
aber das Thema Vernetzung von Print, Digital und Social Media ist
überall gegenwärtig. Das gedruckte Buch selbst wird - es mag
Bücherfreunden in der Seele wehtun - immer mehr zu einem Baustein in
dieser breit gefächerten Verwertungskette von Verlagen und
Buchhandlungen werden. Doch verschwinden wird es - wie auch die
Zeitungen - nicht. Wolfgang Balk, Leiter des Deutschen
Taschenbuchverlags, hat es sehr schön auf den Punkt gebracht: "Das
Buch ist ein Produkt, das in sich perfekt ist. Sie brauchen keinen
Strom, Sie können es überallhin mitnehmen, Sie können reinschreiben -
und wenn Sie es irgendwo liegenlassen, verlieren Sie kein Vermögen.
Das Buch ist in seiner Praktikabilität unschlagbar." Übrigens: Das
erste schöngeistige Buch, das der Autor dieser Zeilen komplett
digital gelesen hat, heißt "Letzte Fischer" von Volker Harry
Altwasser. Ein Buch, das den Untergang der männlich dominierten Welt
der Fischer beschreibt - weil dieser die Bereitschaft zur Veränderung
fehlt. Ein bitteres Buch, aber keine Parabel auf unsere Bücherwelt.
Die lebt, da sie sich auf die Zukunft einstellt - gedruckt und
digital.
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Datum: 14.10.2011 - 19:20 Uhr
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