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Dürfen Dolmetscher und Übersetzer vor Gericht interpretieren?

ID: 1857895

Müssen Dolmetscher und Übersetzer wörtlich übertragen, was sie hören oder lesen, oder doch (nur) den erkannten bzw. vermuteten Sinn der Sache?


(IINews) - In einer regen Diskussion darüber, ob ein Dolmetscher bzw. Übersetzer als solcher vor Gericht sich selbst mehr als Ausleger und Interpretierer verstehen darf, berichtet Rechtsanwalt Werner Siebers, seines Zeichens Fachanwalt für Strafrecht:

„Im Frankfurter Betonverfahren haben wir einen, sagen wir, Spezialdolmetscher.
Er versteht sich selbst mehr als Ausleger und Interpretierer denn als Übersetzer. Er meint, „das Gesetz“ – welches auch immer er meint – schreibe ihm vor, gerade nicht wörtlich zu übersetzen, vielmehr müsse er gleich den von ihm erkannten – vermuteten? – Sinn zu Papier bringen.
Obwohl er, nachdem er beim Interpretieren erwischt wurde, ausdrücklich zu kennzeichnen, wenn er nicht wörtlich übersetzt hat, beginnt er erneut mit Interpretationen und Ergänzungen, ohne das kenntlich zumachen.
Die Kammer lässt sich das trotzdem gefallen, bügelt einen Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen ab und vermittelt den Eindruck, ihn halten zu wollen, koste es, was es wolle.
In Beton gegossen. Viele andere Gerichte würden sicher sagen: fürs Klo!

Selbstverständlich muss er zwingend so übersetzen, er hat nichts zu unterpretieren und auszulegen, er ist lediglich Sprachmittler. Gestattet ist ihm, eine Anmerkung zu machen, dass es sich um eine Redewendung handelt, die eine andere Bedeutung als die wörtliche Übersetzung haben kann (z.B. es regnet Bindfäden oder wie aus Eimern oder einfach stark). Vorrangig ist aber zunächst selbstverständlich und zwingend die wörtliche Übersetzung.

Allerdings:
Sind denn die vom Gericht geladenen und beauftragten Dolmetscher selbständige und unabhängige Dienstleister oder wäre ihr Verhalten an den Auftrag insoweit gebunden, als der Auftraggeber von ihnen eine entsprechende Linie erwartete? Ist denn ihre Funktion die eines Instruments, Kanals, Sprachrohrs? In puncto Spielraum dürfen sie definitiv, ja sollen sie sogar„it was raining cats and dogs“ mit „es schüttete wie aus Kübeln“ o. ä. wiedergeben.





Dabei müssen sie ja ein grundlegendes Verständnis von Begrifflichkeiten und die Fähigkeit, sich in Denkweise und Mentalität der Prozessteilnehmer hineinzuversetzen, an den Tag legen.
Sonst funktioniert keine Kommunikation.

Weiter berichtet Werner Siebers: „Sich in „Denkweise und Mentalität hinzuversetzen“ ist Aufgabe des Gerichtes und nicht des Übersetzers. Der hat primär wörtlich zu übersetzen und dann kenntlich zu machen, welche andere Bedeutung er vermutet. In diesem Fall ging es u.a. um eine Formulierung des Dolmetschers, der „übersetzt“ hatte: „Dafür habe ich kein Geld“. Wie sich später herausstellte, war die wörtliche Übersetzung: „Mir sind die Hände gebunden“. Dass das eine oder sogar mehrere völlig andere Bedeutungen haben kann, liegt auf der Hand. Und genau diese Interpretation, möglicherweise sogar mit dem Ergebnis, dass offen bleiben muss, welche Bedeutung das hatte, obliegt allein dem gericht und nicht dem Übersetzer, der einfach unterschlägt, dass die tatsächliche wörtliche Übersetzung viele andere Möglichkeiten offen lässt.

Allerdings: „Der hat primär wörtlich zu übersetzen“ – dann hätten wir ja den Regen aus Katzen und Hunden…

„Dafür habe ich kein Geld“ und „Mir sind die Hände gebunden“ sind wirklich zwei paar Schuhe. Ein Dolmetscher bzw. Übersetzer vom Fach hätte den Ausdruck sinngemäß übertragen, was allerdings nicht immer wortwörtlich geht. Es muss aber einer vom Fach sein. Und um das zu gewährleisten, haben die Landesjustizministerien ein gemeinsames Verzeichnis der allgemein beeidigten Dolmetscher und ermächtigten Übersetzer erstellt, welches im Justizportal des Bundes und der Länder veröffentlicht ist und worauf die Gerichte zugreifen müssen, damit eine fehlerfreie Übertragung des gesprochenen bzw. geschriebenen Wortes sichergestellt wird.

Wie bereits oben ausgeführt müssen hier halt Profis ran.

Die Voraussetzungen für die Beeidigung und Ermächtigung der Dolmetscher und Übersetzer sind z. B. „die erforderliche persönliche Zuverlässigkeit“ und „fachliche Eignung“ aufgrund der Ausbildung, an deren Ende ein Diplom oder eine staatliche Prüfung steht. Allgemein beeidigte Dolmetscher und ermächtigte Übersetzer gelten somit als sprachliche Sachverständige, die ihre rechtssprachliche Kompetenz und ihre persönliche Integrität, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit einbringen. Sie haben ihre Unbedenklichkeit durch Führungszeugnis und die Auszüge aus dem Schuldner- und dem Insolvenzverzeichnis und ihre Fähigkeiten und Sprachkenntnisse durch entsprechende Prüfungen nachgewiesen. Also ist auf uns grundsätzlich Verlass.


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Datum: 06.11.2020 - 11:44 Uhr
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