InternetIntelligenz 2.0

kostenlos Pressemitteilungen einstellen | veröffentlichen | verteilen

Pressemitteilungen

 

Was kostet das Sparen im Gesundheitssystem tatsächlich?

ID: 165565

Beim"7. Eppendorfer Dialog zur Gesundheitspolitik"diskutierten hochrangige Experten Kostenfaktoren im Gesundheitssystem - und zeigten verblüffende Effizienzreserven auf.


(IINews) - Droht dem Gesundheitssystem der Kollaps? Trotz aller Sparmaßnahmen wächst die Unterfinanzierung. Zu diesem Dilemma lud Prof. Matthias Augustin, Leiter des Instituts für Versorgungsforschung in der Dermatologie, hochrangige Experten zum "7. Eppendorfer Dialog zur Gesundheitspolitik" am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf ein. Sie diskutierten über die Folgeschäden eines Sparkurses, der die medizinische Versorgung beschneidet und Innovationen verhindert.

Initiator Augustin eröffnet den "7. Eppendorfer Dialog" mit der Frage, inwieweit sich der Gesundheitsfonds an den eigenen Vorgaben messen lasse: unter wirtschaftlicher Mittelverwendung Anreize für Innovationen zu setzen und dabei Bürokratie abzubauen. Die versammelten Referenten fordert er auf, fachspezifisch zu erörtern, wie sich der Bedarf an Versorgung auch zukünftig decken lasse. Müssen wir investieren statt zu sparen? Nach 13 gesundheitspolitischen Reformen in 15 Jahren hofft Augustin auf eine evidenzbasierte Gesundheitspolitik, bei der die Fehlerzahl sich antiproportional zur steigenden Lernkurve reduziert.

- Anrechnung der Gewinnquote und Förderung von Selektivverträgen -

Roland Dieckmann (Referent des Vorstandes der DAK) weist System-Ressourcen auf, die die Kosten senken und zugleich die Qualität der Versorgung verbessern. Vor allem müsse die Politik verlässliche Rahmenbedingungen schaffen und der freie Wettbewerb zwischen Krankenkassen uneingeschränkt gewährleistet sein. Eine effizientere Versorgung und innovativere Medizin verspricht er sich von Selektivverträgen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern. Mit seinen Vorschlägen zeigt er Mut zu unpopulären Maßnahmen: Er fordert die Anrechnung der Einkünfte aus Privatvermögen bei der Bemessung der Beitragshöhe sowie ein Finanzierungssystem, das vom individuellen Nutzen abstrahiert und die Solidarität stärkt.

- Forschungsbarrieren verdrängen bewährte Produkte vom Markt -

Aus dem Alltag ihres Unternehmens schildert Marianne Boskamp (Geschäftsführende Gesellschafterin der G. Pohl-Boskamp GmbH & Co. KG), wie regulative Vorgaben die Kosten des Gesundheitswesens in die Höhe treiben. Wettbewerb unterhalb eines Substanzpatentes sei praktisch unmöglich, Forschung an bekannten Substanzen unrentabel. Deshalb werden günstige, bewährte Produkte durch teure, neue Substanzen ohne zwangsläufigen Mehrwert vom Markt verdrängt. Um günstige Arzneien vor dem generischen Wettbewerb zu schützen, sollten laut Boskamp auch Indikationspatente wirtschaftlichen Schutz erfahren. Ein anschauliches Beispiel der Kostenverschwendung im Gesundheitssystem schildert sie anhand des Medizinprodukts Gepan instill gegen chronische Cystitis, das zugunsten operativer Eingriffe aus der Erstattung gefallen ist. "Absurd" findet Boskamp, dass das Gesundheitssystem die Sinnhaftigkeit eines teuren operativen Eingriffs propagiert, bevor versucht wird, die Erkrankung mithilfe einer Therapieform von unter 100 Euro von innen auszuheilen.





- IQWIG zugunsten eines "Instituts für Innovationen" abschaffen -

Als stärksten Kostentreiber im Gesundheitssystem identifiziert Prof. Dr. Peter Oberender (Gesundheitsökonomie Universität Bayreuth) den medizinischen Fortschritt z.B. durch die Verlängerung von Restlebenszeiten mit Halfway-Technologien. Die technische Explosion des Machbaren führe dazu, dass die medizinischen Möglichkeiten die finanziellen Ressourcen übersteigen. Zur Finanzierung müsse der Einzelne in zumutbarem Rahmen stärker belastet werden. Eine Steigerung der Effizienz sei durch die Abschaffung des IQWIG zugunsten eines Instituts für Innovationen (IfI) möglich. Darin sollen wechselnde Vertreter aller Institutionen unter unparteiischem Vorsitz schnelle, transparente und vor dem Sozialgericht anfechtbare Entscheidungen bindend für den G-BA treffen. Das Dogma der Evidenz müsse sich auf Verfahren und Medikationen mit Ursache-Wirkungs-Prinzip beschränken. Begleitende Versorgungsforschung sei oft nachhaltiger und dadurch sinnvoller als klinische Studien. Sein Appell an das System: "Lassen wir doch die Vielfalt zu und die Versicherer selektive Verträge schließen!"

Dr. Klaus Meyer-Lutterloh (Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für bürgerorientierte Gesundheitsversorgung e.V.) fordert ein Sparen mit Leistungen anstelle eines Sparens an Leistungen. Teure Hausarztverträge erzielen seines Erachtens keine Qualitätsverbesserung. Rabattverträge erzeugen immense Transaktionskosten bei Ärzten und in Apotheken und erhöhen die Non-Compliance-Rate. Benötigt wird laut Meyer-Lutterloh ein Paradigmenwechsel von der Post-Crash-Intervention hin zur Prävention. Grundlage aller Effizienzbestreben müsse eine intensivierte Versorgungsforschung sein, weil das Verhalten der Patienten den größten Einfluss auf die gesundheitlichen Outcomes habe. Hier zeigen sich beeindruckende Effizienzressourcen: Das Einsparpotential durch Gesundheitsbildung liegt bei 6 Milliarden Euro und übersteigt damit das der Rabattverträge um ein Vielfaches.

Fazit: In seiner heutigen Form ist das Gesundheitssystem auf unabsehbare Zeit nicht finanzierbar. Der Trend zur Selbstzahlermedizin wird sich fortsetzen und ausweiten. Gleichwohl hat die Debatte am UKE eines deutlich gemacht: An Ideen zur Verbesserung der Effizienz der medizinischen Versorgung mangelt es nicht.

Weitere Infos zu diesem Fachartikel:

Themen in diesem Fachartikel:


Unternehmensinformation / Kurzprofil:

Der Eppendorfer Dialog zur Gesundheitspolitik versteht sich als öffentliches Forum zur Diskussion wichtiger Entwicklungen im Gesundheitssektor. Seit 2006 lädt Prof. Matthias Augustin, renommierter Spezialist für Versorgungsforschung und Leiter des Instituts für Versorgungsforschung in der Dermatologie, regelmäßig Experten aller Disziplinen des Gesundheitswesens zur Debatte ins Universitätsklinikum Eppendorf. Die Veranstaltungsreihe ist mittlerweile überregional bekannt dafür, unterschiedliche Sichtweisen auf aktuelle Themen zu bündeln und der Öffentlichkeit Fachwissen höchsten Rangs zugänglich zu machen.



Leseranfragen:



PresseKontakt / Agentur:

Adriane Beck & Partner GmbH
Maja Timm
Eppendorfer Landstraße 31
20249
Hamburg
info(at)beckundpartner.de
040 - 480 73 81
http://www.beckundpartner.de



drucken  als PDF  an Freund senden  Natürlich schön und gepflegt Vortrag
Bereitgestellt von Benutzer: Adenion
Datum: 24.02.2010 - 14:47 Uhr
Sprache: Deutsch
News-ID 165565
Anzahl Zeichen: 0

Kontakt-Informationen:
Ansprechpartner: Prof. Dr. med. Matthias Augustin
Stadt:

Hamburg


Telefon: 040 - 480 73 81

Kategorie:

Gesundheit & Medizin


Anmerkungen:


Dieser Fachartikel wurde bisher 199 mal aufgerufen.


Der Fachartikel mit dem Titel:
"Was kostet das Sparen im Gesundheitssystem tatsächlich?"
steht unter der journalistisch-redaktionellen Verantwortung von

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (Nachricht senden)

Beachten Sie bitte die weiteren Informationen zum Haftungsauschluß (gemäß TMG - TeleMedianGesetz) und dem Datenschutz (gemäß der DSGVO).


Alle Meldungen von Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf



 

Wer ist Online

Alle Mitglieder: 50.271
Registriert Heute: 0
Registriert Gestern: 0
Mitglied(er) online: 0
Gäste Online: 45


Bitte registrieren Sie sich hier. Als angemeldeter Benutzer nutzen Sie den vollen Funktionsumfang dieser Seite.