Totes Flüchtlingsbaby: Eltern beklagen mangelnde Hilfe
(ots) - Nach dem Tod des syrischen Flüchtlingsbabys Rana
A. erheben die Eltern schwere Vorwürfe bezüglich der medizinischen
Versorgung in der Zentralen Erstaufnahmestelle Rugenbarg in
Hamburg-Osdorf. Die Eltern geben an, sie hätten mit ihrem Kind zwei
Mal innerhalb von drei Tagen die ärztliche Sprechstunde in der
Unterkunft aufgesucht. Die Ärzte dort hätten jedoch auch beim zweiten
Termin eine Überweisung ins Krankenhaus abgelehnt und ihnen
stattdessen fiebersenkende Mittel ausgehändigt. Der medizinische
Dienst in der Zentralen Erstaufnahme Rugenbarg wird vom
Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) betrieben.
Gegenüber dem NDR Politikmagazin "Panorama 3" schildern die Eltern
den Ablauf: Ein erster Arztbesuch mit dem Kind am Mittwoch, 21.
Januar, war nur auf Intervention eines Helfers zustande gekommen, da
die Familie nicht in die Warteliste eingetragen war. "Ich habe dem
Arzt erzählt, dass sie Fieber hat und dass sie die ganze Zeit
erbrochen hat. Er hat mir fünf Paracetamol-Zäpfchen gegeben. Er hat
nicht gesagt, dass wir nochmal zur Nachkontrolle kommen sollen", sagt
der Vater Ibraheem A. Als sich der Zustand seiner Tochter weiter
verschlechterte, habe er am Donnerstag erneut den medizinischen
Dienst aufgesucht: "Ich bin nicht reingekommen, weil ich keinen
Termin hatte. Die Warteliste an der Tür war schon voll und die Tür
war verschlossen."
Nach Auskunft der Eltern verschlechterte sich der Zustand von Rana
A. weiter. Die Eltern trugen sich für einen Arzttermin am Freitag auf
der Warteliste ein. "Wir hatten zwar einen Termin zwischen zehn und
elf Uhr, sind aber erst nachmittags um 15 Uhr drangekommen",
berichtet Ibraheem A. "Es war eine Ärztin dort, die hat nur ihre
Ohren untersucht und ich habe ihr die ganze Zeit gesagt, dass sie
Fieber hat, dass sie erbrochen hat, dass sie sich übergeben hat, dass
sie Durchfall hat. Ich habe die Ärztin gebeten, mir eine Überweisung
fürs Krankenhaus zu schreiben, aber sie hat gesagt, nein, das würde
sie mir nicht empfehlen, weil sie dort auch wieder drei, vier Stunden
warten würden und sie würden dort auch nur sagen, dass sie eine
Virusinfektion hat."
Die Familie war nach eigenen Angaben auf eine Überweisung der
Ärzte in der Zentralen Notaufnahme in ein Krankenhaus angewiesen.
Normalerweise sollen Asylbewerber in Hamburg innerhalb von zwei
Wochen eine Gesundheitskarte erhalten. Mit dieser hätten sie auch
eigenständig in ein Krankenhaus fahren können. Eine solche Karte
hatte die Familie allerdings nicht, auch kein vorläufiges Papier.
Dabei lebte die Familie bereits seit Oktober in der Zentralen
Erstaufnahme Rugenbarg.
Der Vater bat um 22 Uhr am Freitag einen Sicherheitsmann um Hilfe.
Doch erst als er sich um 23 Uhr direkt an die Sanitäter vor Ort
wandte, fuhren sie das Baby ins Kinderkrankenhaus Altona. "Am
nächsten Morgen kam der Arzt zu mir und hat mir gesagt, dass die
Situation meiner Tochter ziemlich kritisch ist. Er vermutete einen
Salmonellen-Vergiftung oder eine koronare Infektion."
Einen Tag danach wurde das Baby ins Universitätsklinikum Eppendorf
verlegt. Dort starb Rana A. am 3. Februar. Die offizielle
Todesursache lautet "multiples Organversagen". Die Hamburger
Staatsanwaltschaft hat ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet.
Die Hamburger Gesundheitsbehörde wollte mit Hinweis auf das
laufende Ermittlungsverfahren keine Einzelheiten zum Fall des
verstorbenen Kindes bekannt geben. Nach Prüfung der bisher
vorliegenden Informationen sehe die Behörde keine Lücken in der
Organisation der medizinischen Versorgung in der ZEA am Rugenbarg.
Das Universitätskrankenhaus Eppendorf äußerte sich auf Anfrage
bisher nicht zu den Schilderungen der Eltern.
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Datum: 12.02.2016 - 15:45 Uhr
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