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Südwest Presse: LEITARTIKEL · ZIVILGESELLSCHAFT

ID: 1308151


(ots) - Bankrotterklärung

Feuer frei. Will man einteilen in eine Zeit vor und nach den
Silvester-Exzessen, so fällt auf: Der harte Ton ist noch härter
geworden. Ressentiments, derer man sich bisher schämte, werden
unverhohlen gezeigt. Dass die zivilisatorische Kruste, die in guten
Zeiten Neid, Hass und Gewalt zu verdecken vermag, dünn ist, war
zuletzt eine eher theoretische Einsicht - mittlerweile ist der
Verfall der politischen Kultur mit Händen zu greifen. Wenn in einem
prinzipiell gefestigten Staatswesen wahllos Menschen - gleich welchen
Geschlechts - auf der Straße eingekesselt werden, so dass die Polizei
angesichts eines enthemmten Mobs hilflos ist, dann geht von diesen
Szenen das Signal aus: Der Staat ist machtlos. Nichts anderes gilt,
wenn marodierende Gruppen Jagd auf Ausländer machen. Gelingt es
nicht, diesem Treiben Einhalt zu gebieten, ist das eine
innenpolitische Bankrotterklärung und der Beginn einer Spirale aus
Ohnmachtsgefühlen und dem Wunsch, anstelle der überforderten
Sicherheitsorgane das Recht selbst in die Hand zu nehmen. Wie tief
die Angst sitzt, beweist in diesen Tagen der Blick in einen
beliebigen Waffenladen der Republik. Seit der Nacht von Köln ist das
Misstrauen gewachsen - unter den Bürgern ebenso wie innerhalb der
politischen Klasse. Der Konsens, viele Lebensentwürfe gelten zu
lassen, sich friedlich auf Lösungen zu verständigen und im Zweifel
auf die Ordnungsfunktion staatlicher Institutionen zu verlassen, hat
offener Feindseligkeit Platz gemacht - vor allem, aber nicht nur im
Internet. Das berechtigte Anliegen, vor sexuellen Übergriffen
geschützt zu sein, mündet schnell in Männerhass; Die notwendige
Wertedebatte bestätigt oft jene, die für ein diffuses Deutschtum
marschieren wollen und stellt Muslime unter Generalverdacht; Es ist
wieder in Mode, jede Minute den Trennstrich zwischen sich und dem




Feind zu ziehen. Einer Zivilgesellschaft, die auf politischem Diskurs
und rechtsstaatlicher Justiz fußt, ist das fremd. Doch die
aufgeklärte Idee, unterschiedlichste Menschen könnten friedlich
miteinander leben, abgesichert alleine durch die Stärke des Rechts,
welches das Recht des Stärkeren im Zaum hält, ist beschädigt. Wie
nachhaltig dieser Schaden ist, wird sich in den kommenden Monaten und
Jahren zeigen, doch die Zeichen stehen nicht gut. Denn auf dem Spiel
steht nicht weniger als das staatliche Gewaltmonopol. Das
Tauschgeschäft, das seit dem 17. Jahrhundert unter dem etwas
euphemistischen Begriff des Gesellschaftsvertrages bekannt ist,
lautet: Gewaltverzicht jedes Einzelnen gegen eine Sicherheitsgarantie
seitens des Staates. Weil bekanntlich nichts bleiben muss, wie es
ist, und selbst die Grundrechte nicht vom Himmel gefallen sondern
historisch gewachsen sind, dachte Thomas Hobbes (1588-1679), der
knorrige Vordenker dieser Ideen, dereinst vorsichtshalber einen
Schritt weiter: Gelingt es dem Staat nicht, die Sicherheit seiner
Untertanen zu gewährleisten, ist die Geschäftsgrundlage dieses
Tausches entfallen. Der Weg zur legalen Selbstverteidigung des
Einzelnen ist ohnehin frei, der zur illegalen Selbstjustiz nicht
weit. Der aktionistisch wirkende Versuch etlicher Politiker, einander
mit Vorschlägen für Gesetzesverschärfungen zu überbieten, ist kaum
mehr als ein verzweifelter Versuch, diese Entwicklung zu bremsen.
Mäßigende Stimmen verhallen. Ob ein autoritärer werdender Staat oder
rechtschaffene Bürger, die sich zum Vollstrecker berufen fühlen,
schlimmer ist, sei dahingestellt. Doch das bittere Fazit lautet:
Etlichen scheint diese Silvesternacht gerade recht gekommen zu sein.



Pressekontakt:
Südwest Presse
Ulrike Sosalla
Telefon: 0731/156218


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Datum: 13.01.2016 - 18:59 Uhr
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