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Erschreckende Befunde aus Erstaufnahmeeinrichtung: Viele Kinder sind krank / Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin fordert von der Politik Stufenplan für Flüchtlingskinder

ID: 1297490


(ots) - Die Mehrzahl der syrischen
Flüchtlingskinder ist in besorgniserregendem Maß massiv körperlich
und psychisch belastet. Mehr als ein Drittel der syrischen
Flüchtlingskinder in Deutschland leidet unter einer psychischen
Störung, die Mehrzahl hat eine körperliche Krankheit. Dies zeigt eine
Untersuchung von Ärzten des Klinikums rechts der Isar (Prof. Peter
Henningsen, Sigrid Aberl) und der Technischen Universität München
(Prof. Volker Mall) in einer bayerischen Erstaufnahmeeinrichtung.

63 Prozent der untersuchten Kinder und Jugendlichen hatten Karies,
25 Prozent Erkrankungen der Atemwege. Bei 42 Prozent fehlten
Impfungen. Jedes zehnte Kind musste akut behandelt werden. Besonders
gravierend ist es aber, dass 22 Prozent der syrischen Kinder unter
einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) leiden, 16 Prozent
unter einer Anpassungsstörung. Eine PTBS kann bei Kindern
Schlafstörungen, Alpträume und Entwicklungsrückschritte nach sich
ziehen. Der hohen Zahl der Kinder und Jugendlichen mit
Belastungsstörungen, emotionalen Störungen wie auch körperlichen
Erkrankungen wird man auf Dauer nur mit einem ausgeklügelten
Stufenplan zur psychotherapeutischen Betreuung begegnen können, ist
Mall überzeugt. Die Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und
Jugendmedizin (DGSPJ) sieht ein hohes Risiko, dass viele der
psychischen Gesundheitsprobleme zu einer langfristigen
Beeinträchtigung der Kinder und Jugendlichen führen. Sowohl
Kriegserfahrungen und Flucht gelten als erhebliche Risikofaktoren,
wobei es auch auf deren Umstände ankommt, erläutert DGSPJ-Präsident
Dr. Christian Fricke. Hier wiegt es besonders schwer, dass 60 Prozent
der Untersuchten länger als 10 Monate auf der Flucht waren. Diese
lange Dauer stellt einen Risikofaktor zur Entwicklung einer
Belastungsstörung dar, so Mall.




Rund 59 Prozent der Kinder und Jugendlichen fühlen sich im
Erstaufnahmelager isoliert. Neben Gewalterfahrung und Diskriminierung
erhöhen insbesondere ein unklarer Aufenthaltsstatus sowie die
Trennung von Bezugspersonen das Risiko der Flüchtlingskinder,
anhaltend psychosozialen Belastungen ausgesetzt zu sein.

Rasches Handeln sei daher nun unumgänglich, um zunächst einmal den
elementaren Bedürfnisse von - insbesondere unbegleiteten
minderjährigen - Flüchtlingskindern gerecht zu werden. Neben einem
interkulturelles Training für Krankenschwestern, MFA und Ärzten
müssen Kinder und Jugendliche durch Pädiater gründlich und frühzeitig
untersucht und versorgt werden. Zudem müssen rasch präventive
Maßnahmen greifen, um notwendige Impfungen zu veranlassen und
Traumatisierungen frühzeitig zu erkennen.

Im Namen der DGSPJ fordert Volker Mall aber darüber hinaus Politik
und Entscheidungsträger dazu auf, einen Stufenplan zur besseren
nachhaltigen psychotherapeutischen Betreuung von Kindern und
Jugendlichen mit Flüchtlingshintergrund zu implementieren, der diese
3 Säulen beinhalten muss:

1. Psychoedukative Maßnahmen für Flüchtlingsfamilien in den
Erstaufnahmeeinrichtungen: Dabei müssen wöchentlich psychoedukative
Maßnahmen in Kombination mit sozialrechtlicher Beratung in der
Muttersprache oder mit Übersetzern angeboten werden. Diese Maßnahmen
sollten Schutz- und Risikofaktoren, Symptome psychischer Störungen
und mögliche Behandlungen einbeziehen. Hinzukommen müssen
Informationen zum Bleibe-Recht, und zu Integrationshilfen in
Deutschland.

2. Angebote für stabilisierende therapeutische Kurzinterventionen
belasteter Familien: Diese noch zu entwickelnde standardisierte
Frühintervention soll sich an Elementen der Patientenschulung für
chronisch kranke Kinder, den Prinzipien der Psychoedukation und
Grundsätzen der Traumatherapie ausrichten. Das Ziel ist dabei eine
schnell verfügbare und kurze Intervention (1-5 Einheiten) zur
Stabilisierung und Sekundärprävention chronischer psychiatrischer
Störungsbilder. Mittelfristig sollte dieses gut übertragbare Angebot
für alle Flüchtlingskinder verfügbar sein.

3. Integration von Kindern und Jugendlichen mit intensivem
Behandlungsbedarf in traumaspezifische Einrichtungen: Dringend
notwendig sind entsprechende kultursensible Therapieangebote für
stark betroffene Kinder. Ein entsprechendes Online-Portal sowie
regelmäßige Fort- und Weiterbildungsangebote sollen in
Ballungszentren (z.B. München) von einer Institution mit spezifischer
Behandlungskompetenz für Traumafolgestörungen organisiert, evaluiert
und auf ländliche Regionen angepasst werden.

Um diesen Stufenplan aber umgehend umsetzen zu können, müssen
Kinder jetzt ganz grundsätzlich in den Fokus der Flüchtlingspolitik
rücken, fordert Sozialpädiatrie-Präsident Fricke. Nach diesen
erschreckenden Befunden von Kindern aus einer Erstaufnahmeeinrichtung
sollte dies das oberste politische Gebot der Stunde sein!



Pressekontakt:
Prof. Dr. Volker Mall
Volker.Mall(at)kbo.de


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Datum: 09.12.2015 - 09:07 Uhr
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