Aktion "Stoppt die e-Card": Bundestag will gläserne Patienten
(ots) - Mit den Stimmen der schwarz-roten Koalition hat
der Deutsche Bundestag das sogenannte E-Health-Gesetz durchgewinkt.
Jahrelange sachliche Kritik an dem Überwachungsprojekt wurde
ausgeblendet. "Das Pleitenprojekt elektronische Gesundheitskarte (eGK
oder e-Card) hat in den mittlerweile zehn Jahren Planung schon
Milliarden Euro verschlungen, aber bisher keinen Nutzen für die
Gesellschaft erbracht", sagte Dr. Silke Lüder, Sprecherin der Aktion
"Stoppt die e-Card, am Freitag in Hamburg. "Im Gegenteil: Das
Gesamtprojekt ist unsicher, teuer und gefährlich. Das scheint unsere
Bundestagsabgeordneten aber nicht zu tangieren. Es wurden schon
Unsummen ausgegeben und weitere werden folgen." Denn alle Chipkarten
für die Versicherten müssten bis 2017 für etwa 350 Millionen Euro
erneuert werden. Zudem müssten entgegen aller Versprechungen die
Kartenlesegeräte in den Arztpraxen ausgetauscht werden, da die
Sicherheit der Datenweiterleitung nicht gegeben sei.
"Im Jahr 3 nach Edward Snowden ist das eGK-Projekt nicht mehr
zeitgemäß", kritisiert Kai-Uwe Steffens, Sprecher des Arbeitskreises
Vorratsdatenspeicherung. "Bundeskanzlerin Angela Merkel hat kürzlich
Daten als Rohstoffe des 21. Jahrhunderts bezeichnet. Es kann doch
aber bei den Patientendaten nicht um einen Claim gehen, für den die
Regierung großzügig Schürfrechte an alle möglichen Lobbyisten
vergibt." Mit dem E-Health-Gesetz werde klar, dass es einigen
Akteuren in erster Linie darum gehe, in einer zentralisierten
Totalvernetzung eine elektronische Patientenakte für alle Bürger
durchzusetzen, deren datenschutzkonforme Verwaltung die meisten
Versicherten überfordern würde.
Dr. Manfred Lotze, Vertreter der Ärzteorganisation IPPNW im
Bündnis "Stoppt die e-Card", ergänzt: "Pharmaindustrie,
Biotechnologiefirmen und weitere Gesundheitskonzerne scharren schon
mit den Füßen, um die Krankheitsdaten für ihre Zwecke mit
Big-Data-Algorithmen profitbringend auswerten zu können." Die
öffentliche Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags am 4.
November 2015 habe augenscheinlich nur dazu geführt, dass das
E-Health-Gesetz hinsichtlich der Einflussnahme der Industrie weiter
gelockert und der Druck auf Patienten und Ärzteschaft verschärft
wurde. "Die Lobbyisten haben sich auf breiter Front durchgesetzt",
konstatiert Lotze.
Die Bündnis-Patientenvertreterin Gabi Thiess kritisiert, dass das
Gesetz aus dem Haus von Minister Gröhe ein reines Zwangsgesetz sei,
mit dem Patienten und Ärzte mithilfe von Sanktionen gezwungen werden
sollen, das Schnüffelprojekt durchzusetzen. "Ich als gesetzlich
Versicherte erwarte, dass mein Arzt sich nicht mit elektronischen
Akten über mich beschäftigt, sondern die ärztliche Schweigepflicht
schützt, mir zuhört und seine Aufmerksamkeit auf mich als Mensch
richtet." Dies werde durch das Gesetz zur "elektronischen Gesundheit"
künftig aber erschwert und nicht gefördert. Auf kritische Patienten
könne nun noch mehr Druck ausgeübt werden, die Schnüffelkarte zu
benutzen, und die Krankenkassen könnten künftig die Ausstellung einer
Ersatzversichertenbescheinigung auf Papier verweigern und Versicherte
finanziell bestrafen. "Das Gesetz hilft nur den Lobbyisten von
Kassen, IT-Firmen und Gesundheitswirtschaft," so Thiess.
Auch die Gerichte sehen den Datenspeicherwahn der Krankenkassen
kritisch: In einem Urteil vom Dienstag dieser Woche hat das
Sozialgericht Mainz einer Kasse untersagt, das Foto des Versicherten
bei einem externen Dienstleister auf Dauer speichern zu lassen (Az.
S14 KR 477/15). "Jeder Versicherte kann bei seiner Kasse auf Antrag
und mit Bezug auf dieses Urteil selbst für seine informationelle
Selbstbestimmung eintreten", erläutert Patientenvertreterin Thiess.
"Der Datensammelwut der Kassen über die Köpfe von uns Patienten
hinweg muss ein Riegel vorgeschoben werden."
Über die Aktion "Stoppt die e-Card"
"Stoppt die e-Card" ist ein breites Bündnis von 54
Bürgerrechtsorganisationen, Datenschützern, Patienten- und
Ärzteverbänden. Unter anderem gehören dazu: Arbeitskreis
Vorratsdatenspeicherung, Digitalcourage, Chaos Computer Club, IPPNW,
Freie Ärzteschaft e. V., NAV-Virchowbund, Deutsche AIDS-Hilfe. Das
Bündnis lehnt die eGK ab und fordert, das milliardenschwere Projekt
einzustampfen. Sprecher der Aktion "Stoppt die e-Card" sind Dr. Silke
Lüder, Gabi Thiess, Dr. Manfred Lotze und Kai-Uwe Steffens.
Pressekontakt:
Dr. Silke Lüder, silke.lueder(at)stoppt-die-e-card.de; Gabi Thiess,
E-Mail: gabi.thiess(at)gmx.de
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Datum: 04.12.2015 - 08:55 Uhr
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