Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Cameron
(ots) - Knappe absolute Mehrheiten machen Politiker in
der Regel nicht absolut glücklich. In der eigenen Partei sind die
Regierenden von der Stimme jedes Hinterbänklers abhängig, und
angesichts von Entscheidungen auf dünner Mehrheitsbasis polarisiert
sich die Gesellschaft.
Wenn David Cameron gut beraten ist, sucht er sich trotz der
Stimmenmehrheit seiner konservativen Partei im britischen Unterhaus
einen Koalitionspartner - um sich nicht von den immer mehr fordernden
Europaskeptikern in den eigenen Reihen erpressen zu lassen und ein
Zeichen in Sachen nationaler Einheit zu setzen. Dabei hätte er zwei
Optionen: die Fortsetzung des Bündnisses mit den Liberaldemokraten
oder die Einbindung der Schottischen Nationalpartei (SNP) in die
Regierung. Beides wäre jedoch nicht frei von Risiken.
Die Liberaldemokraten sind von 56 auf acht Sitze geschrumpft und
wären als europafreundliches Gegengewicht zu den EU-Kritikern unter
den »Tories« wohl zu schwach. Dagegen ist der SNP-Chefin Nicola
Sturgeon die Sensation gelungen. Die schottischen Patrioten schicken
56 Abgeordnete nach London - von 59 möglichen.
Was aus Camerons Sicht gegen eine Koalition mit den Schotten
spricht: Sie waren nur nördlich des Hadrianswalls wählbar und sind
ausgewiesene Pro-Europäer. Sollte beim britischen Europa-Referendum,
das der Premierminister dem Wahlvolk versprochen hat, das Ergebnis
zum Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) führen,
wären die Schotten wahrscheinlich nicht mehr im Vereinigten
Königreich zu halten, würden sich abspalten und die EU-Mitgliedschaft
beantragen.
Cameron mag die Mehrheit der Sitze gewonnen haben, verloren hat
er die zentrale Macht. Der Premier regiert ein politisch gespaltenes
Land und sollte jetzt zügig erkennen, dass sich Großbritannien zu
einem föderalen Staat entwickelt. Das muss der Regierungschef nicht
nur im Umgang mit den Schotten berücksichtigen: Auch Engländer,
Waliser und Nordiren haben ihre Eigenheiten.
Bis zum Jahr 2017 sollen die Briten über den Verbleib in der EU
entscheiden dürfen. Vor der Abstimmung will Cameron die Bedingungen
für die britische EU-Mitgliedschaft neu aushandeln. Als rote Linie
gilt in Brüssel eine grundsätzliche Beschränkung der Freizügigkeit.
Das versprochene Referendum war eine populistische Reaktion auf den
Erfolg der populistischen »United Kingdom Independence Party« bei der
Europawahl vor einem Jahr. Niemand glaubt ernsthaft, dass Cameron den
EU-Austritt anstrebt.
Deswegen sollte er den Abstimmungstermin so früh wie möglich
ansetzen. Denn derzeit kommen die EU-Gegner nur auf etwa 20 Prozent.
Dass die britische Wirtschaft bei einem EU-Austritt mehr als 300
Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 verlieren würde, könnte die
Europagegner zur Vernunft kommen lassen.
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Datum: 08.05.2015 - 20:10 Uhr
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