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DER STANDARD-Kommentar "Fatales Freispiel" von Gerald John

ID: 917077

(ots) - Die Polterer sind auffällig schmähstad. Selten nur
noch schallen aus den Ländern Beschwerden über die ignorante
Bundesregierung im fernen Wien. Dabei zählen solche Keppeleien seit
Menschengedenken zur landeshauptmänn?lichen Kernkompetenz wie
Bieranstechen und Bandldurchschneiden. Die ungewohnte Zurückhaltung
ist höchst angebracht: Nicht die gescholtenen Zentralisten in der
Hauptstadt haben neue Maßstäbe beim Geldverpulvern gesetzt, sondern
Regenten in den Ländern. In abgehobene Geschäfte haben sich die
vorgeblich bodenständigen Regionalpolitiker verstiegen - von
Spekulationen wie in Salzburg, Niederösterreich oder Wien bis zu
wahnwitzigen Bankmanövern in Kärnten. Unter der stets als
Existenzberechtigung beschworenen Bürgernähe verstanden sie höchstens
exzessives Händeschütteln, nicht aber demokratische Verantwortung in
Form von Transparenz und Kontrolle. Kein Wunder, dass selbst nach
Auffliegen der verschiedenen Finanzaffären vieles im Dunkeln bleibt:
Das Salzburger Aufräumkommando etwa ist schon seit Monaten mit der
Vermessung des entstandenen Budgetlochs beschäftigt - und immer
wieder tun sich neue Abgründe auf. Natürlich wäre es unfair, von
Bregenz bis Eisenstadt neunmal das gleiche Urteil zu fällen. Nicht
jeden Landeshauptmann hat eine besinnungslose Hybris gepackt wie
einst den Kärntner Jörg Haider, nicht jede Finanzgebarung ist so
chaotisch wie die Salzburger. Mancherorts werden sogar vorbildhafte
Anstrengungen unternommen, um einen drohenden finanziellen Crash
abzuwenden. Wien etwa hat eine ehrgeizige Spitalsreform gestartet.
Die steirischen "Reformpartner" kürzen zum Teil zwar an
problematischen Stellen, bemühen sich aber zumindest um
budgetpolitische Umsicht. Dennoch existieren - bei allen
Unterschieden - gemeinsame Gründe, dass gerade Länder im Umgang mit
Finanzen unangenehm auffallen. Es gibt kein angeborenes Gen zum




Geldverbrennen, wohl aber eine systemimmanente Schludrigkeit.
Landespolitiker wachsen in die bequeme Rolle hinein, Millionen
ausgeben zu können, die sie den Bürgern nicht selbst abknöpfen
müssen. Diese unbeliebte Aufgabe schreibt die Verfassung der
Bundes?regierung zu, die dann Steuern erhöhen oder Sparpakete
schnüren darf. Das Recht auf Kontrolle bekommt der Zahlmeister dafür
nicht: Die Länder pochen auf ihre Finanzautonomie - und gestalten
ihre Bilanzen nach Kräften so, dass weder Finanzminister noch
Rechnungshof durchblicken. Ein solches Freispiel verleitet nicht
gerade zu Sparsamkeit und Sorgfalt. Die logische Lösung böte das
Prinzip "Wer zahlt, schafft an", sprich: eine an Abschaffung
grenzende Entmachtung der Länder. Doch eine Mehrheit findet sich für
diese Revolution weder in den Großparteien noch im Volk. Man muss
deshalb schon froh sein, wenn die Regierung ein Mindestmaß an "checks
and balances" durchsetzt. Ein paar Schritte sind, etwa via
kollektiver Budgetregeln, gelungen, doch allzu intensives
Hineinregieren haben die Länder verhindert. Die klammen Kassen bieten
nun freilich neue Chancen: Ohne Geld zum Verteilen wird sogar das
Landeshauptmanndasein, das lange als gemütlichster Politjob weit und
breit galt, unlustig. Als Finanzier hat die Bundesregierung einen
Hebel in der Hand, Zugeständnisse zu erzwingen. Sie braucht
allerdings den Mumm, ihn zu benutzen.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

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Datum: 28.07.2013 - 18:08 Uhr
Sprache: Deutsch
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"Hinter den Finanzaffären in den Ländern steckt systemimmanente Schludrigkeit" - Ausgabe 29.7.2013


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