Der Deutsche Ethikrat hat im Auftrag der 
Bundesregierung eine Stellungnahme zur Zukunft der genetischen 
Diagnostik erarbeitet. Ausgehend vom Recht auf Wissen, auf 
Nichtwissen und auf informationelle Selbstbestimmung der von einem 
Gentest betroffenen Personen empfiehlt er insbesondere Maßnahmen ...

30.04.2013

Deutscher Ethikrat legt Stellungnahme zur Zukunft der genetischen Diagnostik vor


Der Deutsche Ethikrat hat im Auftrag der
Bundesregierung eine Stellungnahme zur Zukunft der genetischen
Diagnostik erarbeitet. Ausgehend vom Recht auf Wissen, auf
Nichtwissen und auf informationelle Selbstbestimmung der von einem
Gentest betroffenen Personen empfiehlt er insbesondere Maßnahmen zur
verbesserten Information, Aufklärung und Beratung. Darüber hinaus
fordert er unter anderem besondere Regelungen für die Durchführung
pränataler Gendiagnostik, für den Schutz von
Nichteinwilligungsfähigen sowie für die Qualität von Gentests und
ihre Finanzierung im Gesundheitswesen. Er gibt nicht nur Empfehlungen
für politisches und gesetzgeberisches Handeln, sondern möchte
zugleich die öffentliche Diskussion über zukünftige Entwicklungen der
genetischen Diagnostik fördern.

Durch sinkende Kosten und schnellere Analysen sowie durch
Diagnostik-Angebote, die sich über das Internet direkt an den Kunden
wenden, haben immer mehr Menschen Zugang zu genetischer Diagnostik.
Zudem können bis hin zur Gesamtgenomsequenzierung immer leichter
umfangreiche genetische Informationen über einen Menschen oder über
eine Personengruppe erhoben werden. Bei Ungeborenen ist durch
Untersuchung aus mütterlichem Blut genetische Diagnostik ohne das
eingriffsbedingte Risiko einer Fehlgeburt möglich.

Aus der großen Menge an genetischen Daten werden durch
unterschiedliche Auswertungen Befunde mit unterschiedlicher Bedeutung
erhoben: Manche sind für die medizinische Versorgung sehr hilfreich,
andere erbringen belastende Informationen ohne Eingriffsmöglichkeit,
wieder andere sind von unklarer Relevanz. Die Gefahr von
Fehlinterpretationen und Missverständnissen ist groß, wenn genetische
Diagnostik nicht auf qualitativ hohem Niveau und unter
Berücksichtigung auch nicht genetischer Faktoren angeboten und


durchgeführt wird.

Vor diesem Hintergrund schlägt der Ethikrat vielfältige Maßnahmen
zum Schutz von Selbstbestimmung und Gesundheit sowie zur Wahrung von
Gerechtigkeit und Solidarität im Gesundheitswesen sowie in der
Gesellschaft vor.

In 23 Empfehlungen zur Gendiagnostik im Allgemeinen fordert der
Deutsche Ethikrat erstens Verbesserungen bei der Information der
Bevölkerung sowie der Aus-, Fort- und Weiterbildung der im
Gesundheitswesen Tätigen zu verfügbaren Gentests, ihrer Bedeutung und
Aussagekraft.

Er empfiehlt zweitens mehrere Änderungen des
Gendiagnostikgesetzes, um angesichts der neuen Entwicklungen hohe
Standards bei der Aufklärung und Beratung zu garantieren. Dabei geht
er auf Ãœberschussinformationen und Nebenbefunde, auf die Information
von Angehörigen sowie auf die Belange von nichteinwilligungsfähigen
Personen ein. Er empfiehlt insbesondere mehrheitlich, dass künftig
auch bei Gentests zu nichtmedizinischen Zwecken medizinische
Aufklärung und Beratung erforderlich wird, da es selbst bei solchen
Tests zu medizinisch relevanten Erkenntnissen kommen kann.

Zum Schutz vor Risiken und Belastungen durch
Direct-to-Consumer-Gentests fordert der Ethikrat drittens verbesserte
und EU-weite Maßnahmen zur unabhängigen Verbraucheraufklärung sowie
zum Patienten- und Verbraucherschutz.

Darüber hinaus gibt er Empfehlungen zur Übernahme der Kosten
therapiebegleitender Diagnostik im Gesundheitswesen, zur technischen
Qualitätssicherung, zur Forschungsförderung sowie zur Forschungs- und
Gesundheitspolitik.

In neun Empfehlungen zur Pränataldiagnostik betont der Ethikrat
zunächst, dass den Eltern, die sich für ein Kind mit Beeinträchtigung
entscheiden, hohe gesellschaftliche Wertschätzung gebührt, und
fordert für betroffene Familien mehr Entlastung. Er hält eine Bindung
pränataler genetischer Untersuchungen an weiterführende
differenzierende Ultraschalluntersuchungen und an eine unabhängige
psychosoziale Beratung für unverzichtbar. Darüber hinaus empfiehlt er
die Förderung sozialempirischer und ethischer Begleitforschung zur
genetischen Pränataldiagnostik.

Die Mehrheit der Mitglieder des Ethikrates verlangt darüber
hinaus, die Durchführung einer genetischen Pränataldiagnostik an das
Vorliegen eines erhöhten Risikos für eine genetisch bedingte Störung
zu binden. Es soll sichergestellt werden, dass keine nicht
krankheitsrelevanten genetischen Informationen über das Ungeborene
und auch keine bloßen Anlageträgerschaften ohne gesundheitliche
Relevanz für das Kind mitgeteilt werden.

Für den Fall, dass genetische Informationen über das Ungeborene
schon in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen nach der Befruchtung
vorliegen, hält die Mehrheit der Mitglieder außerdem die
Pflichtberatung nach § 218a Abs. 1 Strafgesetzbuch vor einem
Schwangerschaftsabbruch im Rahmen der sogenannten Beratungslösung
nicht für ausreichend und fordert die Einführung eines darüber
hinausgehenden Schutzkonzepts.

Hiervon abweichend fordern acht Ratsmitglieder in einem
Sondervotum, dass der Schwangeren der Zugang zu genetischen
Informationen über das Ungeborene nicht erschwert wird, wenn sie
diese als unentbehrlich für ihre verantwortliche Entscheidung
ansieht. Sie sprechen sich daher gegen die vorgeschlagenen
Beschränkungen genetischer Pränataldiagnostik aus. Diese Mitglieder
empfehlen außerdem eine Änderung des Gendiagnostikgesetzes, um
künftig auch die Untersuchung des Ungeborenen auf spätmanifestierende
Krankheiten zu ermöglichen.

In einem weiteren Sondervotum fordern vier Ratsmitglieder, dass
nichtinvasive pränatale Gentests weder durch öffentliche Fördermittel
unterstützt noch in den Leistungskatalog der gesetzlichen und
privaten Krankenkassen aufgenommen werden sollen, weil dies im
Widerspruch zu der im Rahmen der UN-Behindertenkonvention
eingegangenen Verpflichtung stehe, die Rechte von Menschen mit
körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen umfassend zu schützen.

Die Stellungnahme ist unter http://www.ethikrat.org/dateien/pdf/st
ellungnahme-zukunft-der-genetischen-diagnostik.pdf abrufbar.



Pressekontakt:
Ulrike Florian
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Deutscher Ethikrat
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Tel: +49 (0)30/203 70-246
Fax: +49 (0)30/203 70-252
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