Kooperationsstudie der LfM und des IZI erforscht 
erstmals die Situation von Castingshow-Kandidaten - Ergebnisse heute 
bei Fachtagung in Essen vorgestellt

   Junge Talente, die an bekannten Castingshows wie Deutschland sucht
den Superstar, X Factor oder The Voice of Germany teilnehmen, 
verkrafte ...

30.04.2013

Mehr als Schwarz und Weiß: die Grauschattierungen des Daseins als Castingshow-Kandidat / Brautmeier: "Knebelverträge durch faire Vertragsbedingungen ersetzen"


Kooperationsstudie der LfM und des IZI erforscht
erstmals die Situation von Castingshow-Kandidaten - Ergebnisse heute
bei Fachtagung in Essen vorgestellt

Junge Talente, die an bekannten Castingshows wie Deutschland sucht
den Superstar, X Factor oder The Voice of Germany teilnehmen,
verkraften das dort Erlebte und das mediale Echo höchst
unterschiedlich. Zu diesem Ergebnis kommt die neue Kooperationsstudie
der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) und des
Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und
Bildungsfernsehen (IZI), die heute im Rahmen einer Fachtagung der LfM
in Essen vorgestellt wurde. Die Forscherinnen nahmen das Phänomen
Castingshow aus einer neuen Perspektive unter die Lupe: Das Team um
Dr. Maya Götz (IZI) befragte 59 ehemalige Castingshow-Kandidatinnen
und -Kandidaten zu ihren ganz persönlichen Eindrücken und Erlebnissen
während und nach ihrer Zeit im Rampenlicht - die systematische
Befragung ehemaliger Kandidatinnen und Kandidaten stellt ein Novum
dar. Dem Forscherteam gelang es dabei, ein nuanciertes Bild zwischen
der Castingshow als Karrieresprungbrett und Krisenbeginn zu zeichnen:
Insgesamt sieben verschiedene Teilnehmertypen konnten die
Forscherinnen identifizieren.

Im Positiven wie im Negativen: TV-Produktionen veränderten das
Leben

Die Studie zeigt, wie ambivalent die ehemaligen Kandidatinnen und
Kandidaten das Durchlaufen der Fernsehproduktionen im Nachhinein
empfinden. Negative Erfahrungen weisen dabei vielfältigere
Schattierungen auf als Positive. "Von den sieben verschiedenen Typen
von Castingshow-Kandidaten resümieren nur zwei überwiegend positiv:
Zum einen Profis, die durch ihre Teilnahme einen Karrieresprung
machen und, zum anderen, Neuentdeckungen, die ins Rampenlicht
katapultiert werden", so die Leiterin der Studie Dr. Maya Götz. "Aber


auch die erfolgsverwöhnteren Kandidatinnen und Kandidaten merkten die
Auswirkungen von kurzzeitigem Ruhm und beurteilen diese im Nachhinein
oftmals kritisch. Bei den verbleibenden fünf Erfahrungsmustern
kristallisierten sich in unterschiedlichen Ausprägungen immer mehr
negative Aspekte heraus."

So berichten etwa abgewertete Hoffnungsträgerinnen (Typ 3), wie
Annemarie Eilfeld, über die Wirkung, die der medial getragene
Aufstieg und Fall in der Produktionszeit auf sie hatte: "Ich war 18
Jahre alt und kannte diese Art einer TV-Produktion nicht. Ich
vertraute immer allen und im Nachhinein war das naiv und hat mir und
meiner Familie sehr viel Schmerz bereitet."

Unerfahrenheit, Bloßstellung und Überforderung: (Bittere)
Erfahrungen mit Dramaturgie, Inszenierung und Montage

Götz beurteilt die Einstellung der Kandidatinnen und Kandidaten
als relativ unbedarft: "Dass bei diesen TV-Sendungen nicht immer die
reine Leistung im Mittelpunkt steht, ist den meisten Kandidatinnen
und Kandidaten zwischen den Zeilen schon vor dem Start bewusst. Wie
die Arbeit mit absoluten Profis jedoch ausgeht, hängt vom
Teilnehmertyp und der ihm oder ihr zugedachten Rolle ab". So liefern
die Studienergebnisse vier weitere Erfahrungsmuster, die dem
Zusammenspiel zwischen Produzenten und Kandidaten Rechnung tragen.
Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden zu heimlichen Komplizen
(Typ 4) der Produktionsfirma und arbeiten am zugedachten Image mit,
sind dann jedoch vom Echo auf ihre Darstellung überrascht. Andere
werden sich ihrer Rolle nicht bewusst und kompensieren die negative
Darstellung, indem Sie Beschämung umdeuten (Typ 5). Sie genießen die
Aufmerksamkeit, die sie durch einen gewissen Würdeverlust erfahren.

Problembeladen wird das Leben für Kandidatinnen und Kandidaten des
Typs 6 und 7, also diejenigen, die medial bloßgestellt werden oder im
Anschluss psychisch überfordert sind. "Diese Teilnehmer berichteten
uns von massiven Problemen im Nachgang der Produktion. Für manche
wurde die ständige Wiederholung ihrer Auftritte zum psychischen
Verhängnis, andere konnten die Anforderungen einer Produktion nicht
verarbeiten", so Götz.

Knebelverträge durch faire, deutliche und zeitlich begrenzte
Produktions- und Verwertungsbedingungen ersetzen

Faktoren wie diese stehen auch für LfM-Direktor Dr. Jürgen
Brautmeier im Mittelpunkt: "Wir beobachten das Castingshow-Geschehen
seit geraumer Zeit. Es war uns mit der heutigen Veranstaltung sehr
wichtig, sowohl die Öffentlichkeit als auch Produzenten und
potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten dafür zu sensibilisieren,
welche - auch negativen - Auswirkungen eine Castingshow-Teilnahme
haben kann. Dies untermauern die Ergebnisse unserer Studie." Zudem
wolle die LfM auf die grundsätzlich unterlegene Position von
Kandidatinnen und Kandidaten gegenüber den Produktionsfirmen
aufmerksam machen. Brautmeier betonte, dass es angepasste Verträge
für Castingshow-Kandidatinnen und -Kandidaten geben müsse, die den
willkürlichen und tendenziösen Zusammenschnitt von Videomaterial
sowie eine "gezielte Lächerlichmachung" bestmöglich unterbinden:
"Kandidaten dürfen nicht zu medialem Freiwild und damit langfristig
zum Opfer ihrer Teilnahme werden. Die momentan gängigen
Knebelverträge müssen durch faire, deutliche und zeitlich begrenzte
Produktions- und Verwertungsbedingungen ersetzt werden, so dass ein
Vergessen möglich wird." Auch beim Thema Aufklärung nahm Brautmeier
die Produzenten in die Pflicht: "Viele Teilnehmer wissen nicht,
worauf sie sich einlassen. Ihnen muss deutlich gesagt werden, dass
sie auch ohne viel eigenes Zutun zum Beispiel als unsympathisch oder
unfähig abgestempelt werden könnten."

Brautmeier, der auch Vorsitzender der Direktorenkonferenz der
Landesmedienanstalten (DLM) ist, kündigte an, die Verträge im Kreis
der Medienanstalten zu thematisieren. Ein Ziel könnte dabei sein, mit
Veranstaltern und Produzenten über eine Selbstverpflichtung zu
sprechen.

Bibliografische Informationen und Download:

Maya Götz, Christine Bulla, Caroline Mendel:
Sprungbrett oder Krise? Das Erlebnis Castingshow-Teilnahme: Eine
Befragung von ehemaligen Teilnehmerinnen an Musik-Castingshows.
Düsseldorf: LfM, 2013. 164 S.LfM-Dokumentation Band 48

Maya Götz, Christine Bulla, Caroline Mendel:
"Bestimmt ein tolles Erlebnis!" Repräsentativbefragung von 6- bis
17-Jährigen zu ihren Vorstellungen vom "Erlebnis
Castingshow-Teilnahme". Düsseldorf, LfM. 41 S. LfM-Dokumentation Band
49/online

Außerdem gingen die Ergebnisse der Studien zu Musik-Castingshows
in die Erarbeitung der dritten Ausgabe der LfM-Reihe "tv.profiler"
ein.

Download-Link: http://bit.ly/ZvA408



Pressekontakt:
Dr.Peter Widlok
Tel.: 0211 -77007 - 141
E-Mail: pwidlok@lfm-nrw.de
Internet: www.lfm-nrw.de




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