Westdeutsche Zeitung: Worum es bei der DSL-Drosselung der Telekom wirklich geht - Das freie Internet steht auf dem Spiel
Ein Kommentar von Carsten Icks
Wer mit seinem Internetanschluss viele Daten
versendet und empfängt, muss auch mehr bezahlen - auf den ersten
Blick sieht die neue Tarifstruktur der Deutschen Telekom gerecht aus.
Und weil nur drei Prozent der Nutzer überhaupt die Grenze von 75
Gigabyte im Monat erreichen, bleibt für die meisten DSL-Kunden
sowieso alles beim Alten. Ist die Aufregung um die Datendrosselung
bei der Telekom also übertrieben?
Ist sie nicht. Mit der Ankündigung, den eigenen
TV-Streaming-Dienst "Entertain" von der Mengenbegrenzung auszunehmen,
schlägt der Bonner Konzern den Weg in Richtung Zwei-Klassen-Internet
ein. Wer als Telekom-Kunde über das Internet fernsehen möchte, nutzt
entweder das hauseigene Angebot - oder er zahlt extra. Das grenzt an
digitale Wegelagerei und widerspricht dem Grundsatz der
Netzneutralität, wonach alle Daten gleich behandelt werden sollten.
Den Schwarzen Peter allein der Telekom zuzuschieben, wäre dennoch
ein Fehler. Der Datenverkehr im Netz steigt rapide. Internetkonzerne
wie Google nutzen die Infrastruktur kostenlos. Aber das
Multi-Milliarden-Projekt Leitungsausbau soll allein von den
Netzbetreibern geschultert werden. So kann es nicht funktionieren.
Das hat auch Google erkannt und baut in den USA bereits am eigenen
Datennetz.
In Deutschland ist letztlich die Politik gefordert. Wir brauchen
klare Spielregeln für die Netzanbieter - aber auch ein staatliches
Förderprogramm für digitale Infrastruktur. Denn in einer
Gesellschaft, in der Musik, Filme, Spiele und Dokumente zunehmend nur
noch online in der Cloud erreichbar sind, ist ein barrierefreier
Zugang zum Netz für viele Menschen längst zum Grundbedürfnis
geworden. Eine gute Datenautobahn ist damit ähnlich wichtig wie ein
funktionierendes Straßennetz.
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