Die Frauenzeitschrift "Brigitte" hat einen 
Journalistenplatz im NSU-Mordprozess ergattert, überregionale 
Zeitungen wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", die "Welt" oder 
auch die "taz" gingen leer aus. Das zeigt die Absurdität des 
Losverfahrens für  ...

29.04.2013

BERLINER MORGENPOST: Ein absurdes Losverfahren Leitartikel von Jochim Stoltenbergüber die komplizierte Platzvergabe beim NSU-Prozess in München.


Die Frauenzeitschrift "Brigitte" hat einen
Journalistenplatz im NSU-Mordprozess ergattert, überregionale
Zeitungen wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", die "Welt" oder
auch die "taz" gingen leer aus. Das zeigt die Absurdität des
Losverfahrens für die Berichterstattung über einen in der deutschen
Nachkriegsgeschichte bislang einmaligen Prozess. Mehr noch. In dem
Prozess gegen das NSU-Trio geht es zugleich auch um Deutschlands Ruf
in der Welt. Nichts gegen die "Brigitte". Aber wenn Medien von diesem
Prozess ausgeschlossen sind, die Teil des politischen und
gesellschaftlichen Lebens in diesem Land sind und durch ihre
Berichterstattung und Kommentierung die Meinungsbildung mitprägen,
dann kann auch dieses zweite Auswahlverfahren nicht als sachgerecht
bewertet werden.

Das diesmal gewählte Losverfahren mag rechtlich ein gangbarer Weg
sein. Die Einteilung in drei verschiedene Kontingente mit jeweiligen
Untergruppen samt der jeweiligen "Eintopfung" der
Akkreditierungsanträge zeugt dagegen wie schon im ersten, vom
Bundesverfassungsgericht gekippten Auswahlverfahren, von wenig
medialem Gespür. War es im ersten sogenannten Windhundrennen
insbesondere die Missachtung der türkischen Medien, ist es diesmal
die Verkennung der deutschen Medienlandschaft. Beispiel
Zeitungsmarkt. Rund 350 Tageszeitungen erscheinen täglich in
Deutschland. Für sie hat das Münchner Oberlandesgericht gerade mal
acht Plätze reserviert. Ist das sachgerecht? Die öffentlich
rechtlichen Rundfunksender der ARD haben dagegen mit gleich drei
Landesanstalten das große Los gezogen. Dabei hat es eine lange
Tradition, dass die Sender ihre Berichte in den Informationssendungen
gegenseitig austauschen. Ein ARD- Hörfunksender hätte also gereicht
und schon wäre mehr Platz für Zeitungskollegen gewesen.



Immerhin will das Gericht diesmal erlauben, dass auserwählte
Journalisten ihre Plätze an Kollegen, die kein Losglück hatten,
weitergeben dürfen, sollten sie verhindert sein oder das Interesse an
der Prozessbeobachtung verloren haben. Das zumindest zeugt von
gewachsener Einsicht des Gerichts. Dabei muss man natürlich abwarten,
ob sich aus dieser Regelung ein schwunghafter Handel um die auf 50
begrenzten Plätze im Gerichtssaal entwickelt. Darüber hinaus bleibt
bei diesem alles andere als überzeugenden Verfahren offen, ob eines
der glücklosen Medien erneut klagen wird.

Der Präsident des Oberlandesgerichts München, Karl Huber, hat ja
Recht, wenn er sagt, der Kern des Prozesses, der am kommenden Montag
beginnen soll, sei, die Schuld der Angeklagten zu prüfen und dann ein
Urteil zu fällen. Die Gewährleistung der Öffentlichkeit sei wichtig,
gehöre aber nicht zum Kern des Verfahrens. Leider haben OLG-Präsident
Huber und seine juristischen Kollegen durch mangelndes Gespür den
unseligen Streit um die Presseplätze ausgelöst. Sie müssen jetzt
durch eine untadelige Prozessführung wettmachen, was sie im Vorfeld
verbockt haben.



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