Man darf sich durch das Loblied auf den Westen von 
US-Außenminister Mike Pompeo nicht täuschen lassen. Auf der Münchner 
Sicherheitskonferenz schmetterte er die Siegesfanfare: "Der Westen gewinnt, 
zusammen gewinnen wir." Das Tückische daran ist, dass Pompeo nicht von Europa 
spricht ...

16.02.2020

Aufwachen, Europa! / Leitartikel von Michael Backfisch


Man darf sich durch das Loblied auf den Westen von
US-Außenminister Mike Pompeo nicht täuschen lassen. Auf der Münchner
Sicherheitskonferenz schmetterte er die Siegesfanfare: "Der Westen gewinnt,
zusammen gewinnen wir." Das Tückische daran ist, dass Pompeo nicht von Europa
spricht, dem transatlantischen Partner der vergangenen Jahrzehnte. Der
Amerikaner meint alle demokratischen Länder, die sich zu Rechtsstaat,
Meinungsfreiheit und Marktwirtschaft bekennen. Der Bogen reicht von Kanada bis
Japan und Australien. Doch Pompeo wirbt nicht für Multilateralismus. Er fordert
Gefolgschaft in einer Welt, die für die Amerikaner von Bipolarität geprägt ist.

Auf der einen Seite steht der Westen unter Führung der Vereinigten Staaten. Auf
der anderen Seite sammeln sich repressive Regime wie China, Russland oder der
Iran. Vor allem der politische, wirtschaftliche und militärische Aufstieg
Pekings macht Washington zu schaffen. Die Amerikaner werfen der Volksrepublik
Ideenklau und Wettbewerbsverzerrung durch massive Subventionen vor. Und sie
fordern den weltweiten Boykott des chinesischen Netzwerkanbieters Huawei mit
seiner 5G-Technologie. Begründung: Weitergabe sicherheitsrelevanter Daten und
Spionage.

Wer bei dieser Embargo-Marschroute nicht mitmacht, muss damit rechnen, von
US-Geheimdienst-Informationen abgeschnitten zu werden. Washington verschont auch
die Verbündeten nicht mit der Drohkeule. Die Länder, die die Iran-Sanktionen
unterlaufen oder am Erdgas-Pipeline-Projekt mit Russland festhalten, stehen auf
der schwarzen Liste. Diese "Friss oder stirb"-Politik verstört vor allem die
Länder im Westen Europas. Hier sind multilaterale Abstimmung und eine auf Regeln
beruhende internationale Ordnung das Maß aller Dinge. Institutionen wie die UN
oder die Welthandelsorganisation gelten als die Gralshüter dieser Idee.



Die demonstrativ losgetretenen Handelskriege von US-Präsident Donald Trump
("leicht zu gewinnen") sowie die reflexhafte Dämonisierung und Beleidigung von
Konkurrenten widersprechen der politischen Kultur in der EU. Vor diesem
Hintergrund hat der erneute Weckruf von Frankreichs Emmanuel Macron seine volle
Berechtigung: Europa ist politisch schwach, gespalten und benötigt einen
Neustart. Macrons Vorstoß für eine "wirkliche Souveränität" der Eurozone samt
üppigem Budget mag zwar über das Ziel hinausschießen. Doch die EU braucht einen
gemeinschaftlichen Ansatz beim Grenzschutz, bei Investitionen in
Zukunftsbranchen wie künstliche Intelligenz oder 5G-Technologie und bei der
Verteidigung.

Will die EU nicht als politisch saft- und kraftloser Debattierclub in die
Geschichte eingehen, müssen sich die Mitgliedstaaten schnellstens
zusammensetzen. Sie sollten einen Stufenplan für die nächsten Schritte
erstellen. Als Allererstes wäre es ratsam, das Einstimmigkeitsprinzip in der
Außenpolitik abzuschaffen. Es passt nicht mehr in die Zeit angesichts der
Bürgerkriege, die in Europas Nachbarschaft lodern, und dem Machtgewinn
autoritärer Länder. Erwünschter Nebeneffekt: Ein stärkeres Europa würde auch von
Trump ernster genommen. Die Sprache der Macht versteht er.

Immerhin gibt es einen kleinen Hoffnungsschimmer. An der Münchner
Sicherheitskonferenz nahmen mehr als 40 Senatoren und Abgeordnete aus dem
US-Kongress teil - hälftig verteilt auf Demokraten und Republikaner. Sie
bekannten sich parteiübergreifend zur Nato, zur transatlantischen Partnerschaft
und zum Multilateralismus. Donald Trump allein ist nicht Amerika. Das ist die
gute Botschaft aus München.

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