Wenn es die Münchner Sicherheitskonferenz nicht gäbe, man 
müsste sie glatt erfinden. Nirgendwo sonst kommen so viele Staats- und 
Regierungschefs, Chefdiplomaten, Sicherheitsexperten und -organisationen 
zusammen wie jedes Jahr in der bayerischen Metropole. Und dabei werden nicht nur
geschliffe ...

16.02.2020

Das Dilemma der Allianz Die Sicherheitskonferenz hat die Gräben zwischen den Nato-Verbündeten aufgezeigt. Der Einfluss auf die Konfliktherde wird zusehends geringer.Von Reinhard Zweigler


Wenn es die Münchner Sicherheitskonferenz nicht gäbe, man
müsste sie glatt erfinden. Nirgendwo sonst kommen so viele Staats- und
Regierungschefs, Chefdiplomaten, Sicherheitsexperten und -organisationen
zusammen wie jedes Jahr in der bayerischen Metropole. Und dabei werden nicht nur
geschliffene, aber blutleere diplomatische Worthülsen ausgetauscht, sondern es
wird unverblümt das ausgesprochen, was man denkt. Das Format
Sicherheitskonferenz hat sich auch in einer immer komplizierter werdenden Welt,
mit zunehmenden Interessengegensätzen und gefährlichen Entwicklungen nicht
überlebt. Gleichwohl sollte man das Münchner Forum nicht überhöhen. Das vom
unermüdlichen Wolfgang Ischinger organisierte Diskussionsforum kann nur ein
Spiegelbild der weltweiten Entwicklungen sein. München 2020 hat erneut und
überaus deutlich die tiefen Gräben zwischen den Nato-Verbündeten aufgezeigt.
Während US-Außenminister Mike Pompeo, ganz im Stile von Donald Trump, die
Probleme und Herausforderungen in Wahlkampfmanier herunter redet - der Westen
gewinnt, zusammen gewinnen wir - traten vor allem französische und deutsche
Redner als mehr oder weniger ohnmächtige Euphoriebremsen auf. Washington sind
internationale Abkommen und Verträge, ja sogar die Uno, ziemlich schnuppe, wenn
es um das Durchsetzen nationaler Interessen geht. Paris und Berlin beschwören
dagegen, was ja völlig richtig ist, das Völkerrecht, die Diplomatie, den
Ausgleich zwischen Staaten und zwischen Konfliktparteien. Allerdings, und das
ist das in München vorgeführte Dilemma, ist der Westen, die Nato, kopflos,
uneins. Wie man sich den globalen sicherheitspolitischen Herausforderungen
stellen will, darüber gibt es diesseits und jenseits des Atlantiks gravierende
Meinungsunterschiede. Dass über diese Differenzen die Nato nicht zerbricht, ist
zumindest einer der wenigen Lichtblicke. Die militär- und bündnispolitische


Klammer hält offenbar über alle Differenzen hinweg. Freilich ist auch die Nato
brüchiger geworden. Anders als zu Zeiten des Kalten Krieges, der
Ost-West-Konfrontation gibt es heute nicht mehr den einen großen Feind, gegen
den sich alle Anstrengungen ausrichteten. Dieser Deckel ist mit der Implusion
des Sowjetreiches und seiner osteuropäischen Satelliten weggeflogen. Doch statt
einer Zeit immerwährenden Friedens und von rein diplomatischen,
völkerrechtlichen Lösungen, treten nun ständig neue Konflikte mit Macht zu Tage,
vom Nahen und Mittleren Osten bis Afrika, Asien oder Lateinamerika. In der
Haltung zum Iran, in dem das Mullah-Regime ungeniert nach Atomwaffen greift und
der Vertrag zur Verhinderung nahezu unwirksam ist, zeigt sich die westliche
Uneinigkeit ebenso wie in Syrien oder Libyen. Das mühsam ausgehandelte
Friedenspaket für den Wüstenstaat wurde vor vier Wochen unter großem Einsatz von
Angela Merkel auf den Weg gebracht. Doch die Machthaber in Moskau und Ankara
stört das nicht. Sie zündeln in Libyen weiter. Und in Syrien verfolgen sie mit
viel Militär brutal eigene Interessen. Putin stützt das verbrecherische
Assad-Regime, unter anderem weil es die russischen Marinestützpunkte im
Mittelmeer garantiert. Und Erdogan baut im Norden Syriens - unter anderem mit
deutschen Panzern - einen Puffer gegen Kurden, die zuvor mit Nato-Hilfe die
IS-Terroristen bekämpften. Solange Deutschland und die gesamte EU nur mahnende
Worte finden und keine neuen diplomatischen, wirtschaftlichen und - ja auch
militärischen - Antworten auf diese Herausforderungen geben, bleiben sie im
Grunde ohnmächtige Zuschauer. München hat das noch einmal deutlich vor Augen
geführt.

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