DER STANDARD-Kommentar: "Eine deutsche Bankenunion" von Thomas Mayer
(ots) - Respekt für die EU-Finanzminister: Es ist ihnen -
trotz der enormen Widersprüche und Widerstände einzelner Länder -
doch gelungen, das Grundgerüst für eine erste Bankenunion rechtzeitig
zusammenzubasteln. Sie wird vor allem dem Euroraum dienen, das System
der gemeinsamen Währung zu stärken. Als Nächstes muss der
Gesamtvorschlag ins EU-Parlament gehen, das in dieser Frage volles
Mitentscheidungsrecht hat - und auch schon einige substanzielle
Abänderungswünsche vorbrachte. Aber die Chancen stehen gut, dass
Gesetzesbeschlüsse noch vor den Europawahlen im Mai 2014 erfolgen.
Die Bankenunion könnte dann also im Herbst 2014 stehen. Anlass zum
Jubel über einen sprichwörtlichen "historischen Schritt", in den
manche nach zwei durchverhandelten Nächten in Brüssel gleich
ausbrachen, gibt es freilich nicht. Das vereinbarte "System" auf drei
Säulen - Bankenaufsicht unter dem Dach der Europäischen Zentralbank
(EZB), ein Regelwerk zur Abwicklung maroder Institute und schließlich
Einlagensicherung für die Sparer - ist äußerst kompliziert, und es
ist träge im Entscheidungsablauf. Es wird zehn lange Jahre dauern,
bis die gemeinsamen Fonds für Abwicklung und Einlagensicherung
gefüllt sind. Die Mittel dafür müssen die Banken über fixierte
Beiträge selbst aufbringen. Die größte Schwachstelle ist aber eine
politische: Anders als von den gemeinsamen EU-Institutionen, EZB und
der Mehrheit der Mitglieder vorgeschlagen, ist es nicht gelungen, das
Letztentscheidungsrecht über Sein oder Nichtsein einer grenzenlos
tätigen Bank aus nationalem Zugriff zu befreien. Das geht auf
riesigen deutschen Druck zurück. In Berlin traut man den
Gemeinschaftsinstitutionen nicht über den Weg, wenn es darum geht, in
einer Krisensituation eine für alle Länder verbindliche Konsequenz zu
ziehen - zum Beispiel anzuordnen, dass eine Bank zugesperrt werden
muss. So war das im Gesamtbild auch schon bei den Eurohilfen für
Problemstaaten. Das hat verfassungsrechtliche Hintergründe, die im
deutschen Grundgesetz liegen. Aber es geht dabei vor allem ums Geld.
Die deutsche Regierung wollte nicht zulassen, dass auch nur die
geringsten Mittel zur Bankenrestrukturierung nach Brüssel fließen,
wenn sie selbst nicht die Hand drauf hat. Daraus ist ein
Entscheidungsmechanismus entstanden, den viele für schwer umsetzbar
halten. Neben der EZB-Aufsicht wird es eine Abwicklungsbehörde geben,
die der Kommission Vorschläge macht, die dann Einwände formulieren
kann. Die Letztentscheidung trifft aber der EU-Finanzministerrat,
wieder die Nationalstaaten. Das ist verständlich, aber doch wenig
konsequent, von einer Union zu reden, aber ein Netzwerk vor allem
nationaler Entscheider zu meinen. Um das zu verstehen, muss man auf
den Juni 2012 zurückschauen. Da gaben die Staats- und Regierungschefs
nicht ganz freiwillig den Auftrag zur Gründung einer Bankenunion. In
Spanien drohten wegen der Immobilienkrise Zusammenbrüche, die das
Budget des Staates gefährdeten. Man erkannte, dass Eurohilfen für
Staaten und solche für Banken getrennt werden müssen, und vor allem
die privaten Gläubiger und Anteilnehmer zuerst haften müssen. In
diese Richtung geht es jetzt, und das ist auch gut so. Aber man muss
auch davon ausgehen, dass nationale Egoismen, Schutz- und
Sonderwünsche für die jeweils "eigenen Banken" noch lange bleiben
werden.
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Datum: 19.12.2013 - 19:07 Uhr
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