"DER STANDARD"-Kommentar: "Ein Abbild der Welt"
von Gudrun Harrer
(ots) - Die alljährliche Vollversammlung der Vereinten
Nationen in New York mag tatsächlich "die Welt" abbilden - wie das,
was sich dort abspielt, öffentlich aufgenommen und reflektiert wird,
ist jedoch ziemlich selektiv und ein Spiegel der globalen
Machtverhältnisse. Die Uno selbst ist natürlich in diesen Rahmen
gepresst, dessen Symbol der Sicherheitsrat mit den fünf Atommächten
ist. Aber die Vollversammlung ist eine gute Gelegenheit, besonders im
sogenannten Westen daran zu erinnern, dass die Erde nicht (mehr)
flach ist. Die Rezeption der alljährlichen Rampenparade der Staats-
und Regierungschefs fällt je nach geografischer Lage grundverschieden
aus. Auch wenn die vielen interessanten Nebenschauplätze der
Vollversammlung kaum wahrgenommen werden, ist das alles nicht einfach
irrelevant. Wer das so sieht, wischt die multilaterale Diplomatie -
den Versuch, alle möglichen Sachverhalte zwischen den Staaten der
Welt auszuverhandeln, einmal mit mehr, einmal mit weniger Erfolg -
vom Tisch, ohne zu bedenken, dass sie ein großer Fortschritt des 20.
Jahrhunderts und ein Kind der politischen Moderne ist. Die Aufregung
rund um den ersten Auftritt des neuen iranischen Präsidenten Hassan
Rohani ist das beste Beispiel für die Rezeptionsunterschiede. Die USA
und die EU wollen "das Richtige" hören, um danach zu sehen, ob denn
nun auch die "Substanz" - ein signifikantes Einlenken Teherans im
Atomstreit - folgen wird. Die Islamische Republik hat aber in der Uno
immer schon auch das gehabt, was der österreichische Iranist Walter
Posch die "Ersatzweltöffentlichkeit" nennt. Momentan steht der Iran
an der Spitze der Blockfreienbewegung (NAM) - aber es wäre unrichtig
zu behaupten, dass Teheran den NAM-Staaten zur Interpretation des
Atomwaffensperrvertrags (NPT) einfach nur die eigene Position
diktiert. Die Auseinandersetzung der "nuklearen Habenichtse" mit den
offiziellen und inoffiziellen Atomwaffenstaaten ist nicht nur eine
iranische Frage. Dass die Atomwaffenstaaten damit durchkommen, am NPT
nur den Nichtverbreitungsaspekt interessant zu finden (dass kein
Atomwaffenstaat dazukommt) und nicht den Abrüstungsaspekt (die
Abrüstung ihrer eigenen Atomwaffen), fällt aus Sicht vieler Staaten
unter "globale Ungerechtigkeit". Diese Rolle, die dem Iran
zupasskommt, wenn es zu beweisen gilt, dass seine internationale
Isolierung relativ ist, macht allerdings ein iranisches strategisches
Arrangement mit dem Westen nicht einfacher. Mit dem Amtsantritt
Rohanis ist die Hoffnung verbunden, dass der Iran zu den
pragmatischen Ansätzen einer Politik der eigenen Interessen
zurückkehrt. Wenig Hoffnung gibt es auf einen Durchbruch, was eine
internationale Position zu Syrien anbelangt. Mangels politischer
Fortschritte hält man sich an der Neuigkeit fest, dass Syrien nun der
Organisation zum Verbot von Chemiewaffen (OPCW) beitritt. Weil der
humanitäre Aspekt bei Syriens Aufgabe seiner Chemiewaffen eine so
große Rolle spielt, erwarten sich Optimisten sogar mehr Gewicht für
das Argument, dass auch Atomwaffen aus humanitären Gründen (nicht nur
der internationalen Sicherheit) gebannt gehören. Diese Hoffnung
könnte überzogen sein, aber in Zeiten der Krise des
Atomwaffensperrvertrags ist es immerhin wohltuend, wenn ein
Instrument zur Kontrolle von Massenvernichtungswaffen gestärkt wird.
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Datum: 24.09.2013 - 19:03 Uhr
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Wirklichkeit und Rezeption der Uno-Vollversammlung stimmen nicht überein - Ausgabe vom 25.9.2013
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