"DER STANDARD"-Kommentar: "Unberechenbar"
von Gudrun Harrer
(ots) - Aktion A - Giftgas - zieht Aktion B - US-Angriff -
nach sich, so weit ist bei dem derzeitigen Syrien-Szenario alles
klar. C ist bereits schwerer abzusehen: Wird Bashar al-Assad seine
Abstrafung zur Kenntnis nehmen, froh, dass es nicht mehr geworden
ist? Denn nach derzeitigem Stand ist davon auszugehen, dass es sich
bei der zu erwartenden US-Militäraktion um einen gezielten und
beschränkten Angriff handeln wird. Es soll kein Kriegseintritt
werden. Von früheren Mutmaßungen über ein Eingreifen von
Spezialkräften in Syrien, um die Chemiewaffen zu sichern, hört man
momentan auch nichts mehr - das dürfte erst schlagend werden, wenn
sie bei den Jihadisten landen. Wobei bei all dem Nebel, der jetzt
gestreut wird, klare Konturen dessen, was geschehen wird, nicht
auszumachen sind. Das können selbst die Beteiligten nicht: Die
Dynamiken, die sich entwickeln, wenn man einen großen Brocken in
einen schon brodelnden Vulkan hineinwirft, lassen sich nicht
berechnen. Deshalb muss die Motivation für die Akteure schon sehr
stark sein: Die vorherrschende Version von der "Strafe" für das
Assad-Regime, von der "Abschreckung", die einen weiteren Einsatz von
Chemiewaffen verhindern soll, ist jedenfalls nicht sehr befriedigend
- außer sie wird in einen breiteren Kontext gestellt, der mit
humanitären Fragen wenig zu tun hat. Zwar kam die syrische Armee
durch die von Saudi-Arabien gelieferten Waffen in den vergangenen
Wochen wieder mehr unter Druck. Aber die militärische Konsolidierung
Assads seit Jahresbeginn, vor allem manifestiert in der Rückeroberung
von Qusayr und Homs, lässt sich nicht leugnen. Die Meinung von 2012,
dass es nur eine Frage der - kurzen - Zeit sei, bis das Regime fällt,
gilt nicht mehr. Auch die USA trugen dieser Tatsache Rechnung: indem
sie sich mit Russland auf die Abhaltung der Genf-2-Konferenz
verständigten, die ein Eingeständnis ist, dass das syrische Regime in
irgendeiner Form bei der Transition mitreden wird. Und nun - wenn
denn die Vorwürfe stimmen - greift Assad bei der Offensive in Ghouta,
die schon länger erwartet wurde, zu Massenvernichtungswaffen, nicht
nur tödlich für 350 Personen, sondern auch eine Terrorwaffe
allererster Ordnung. Das würde heißen, er ist bereit, Tabula rasa zu
machen, mit allen Mitteln. Dann braucht es auch kein Genf 2 mehr. Die
Rebellen hingegen - damit sind die der politischen Opposition im
Ausland verbundenen gemeint - gehen nicht nach Genf 2, solange sie so
schwach sind wie jetzt. Ein US-Angriff hätte zweierlei Zweck: das
Signal, dass foul play - als ob das andere fair wäre - nicht geduldet
wird; und eine faktische Rebalancierung der militärischen Kräfte,
indem man der syrischen Armee Schaden zufügt. Aber all das
funktioniert nur, wenn Assad und seine Verbündeten, außer vielleicht
etwas Theaterdonner, im Wesentlichen stillhalten. Für den Iran steht
die Normalisierung mit den USA auf dem Spiel - die so manchem
Golfaraber und Israeli ohnehin missfällt. Hält es Präsident Hassan
Rohani durch, Prioritäten zu setzen, oder geht Teheran in die Falle
der eigenen "Achse des Widerstands" Rhetorik? In Teheran gaben sich
soeben der omanische Sultan Qabus und UN-Untergeneralsekretär Jeffrey
Feltman - früher US-Vizeaußenminister und Botschafter im Libanon -
die Klinke in die Hand. Ob ihnen Erfolg beschieden war, wird sich
bald zeigen.
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Datum: 28.08.2013 - 19:05 Uhr
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Die USA nützen in Syrien die Gelegenheit, die schwachen Rebellen zu stärken - Ausgabe vom 29.8.2013
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