"DER STANDARD"-Kommentar: "Mit schwarzer Handschrift"
von Thomas Neuhold
(ots) - Bei Manager- oder Medienseminar gehört es zum kleinen
Einmaleins: Brisante Verhandlungen, wichtige Gespräche sind tunlichst
nicht in den Räumen des jeweiligen Gegenübers zu führen. Der
Hausherr, die Hausherrin ist psychologisch immer im Vorteil.
Salzburgs Grüne haben dies bei den Verhandlungen zur Bildung einer
neuen Landesregierung nicht beherzigt. Die Koalitionsgespräche fanden
im Regierungsbüro von ÖVP-Landesparteiobmann Wilfried Haslauer statt.
Parteichefin Astrid Rössler bedankte sich öffentlich sogar noch artig
"für die Gastfreundschaft". Dass nicht auf neutralem Boden verhandelt
wurde, mag als Anfängerfehler durchgehen. Schwerer wiegt, dass sich
die Grünen ohne Gegenwehr in eine Koalition mit dem Team Stronach
drängen ließen. Warum auf Bundesebene eine Koalition mit Stronach ein
No-Go ist, aber in Salzburg geht, konnten die Grünen bis dato nicht
schlüssig erklären. Das Argument, dass mit ÖVP-Dissident Hans Mayr
die Salzburger Stronach-Filiale nur halb so schlimm wie die Zentrale
sei, sticht nur bedingt. In der zweiten Reihe werken wie im Bund jede
Menge FPÖ/BZÖ-Überläufer. Und alle hängen am Gängelband des
Parteigründers und seiner Millionen. Es ist ein offenes Geheimnis,
dass die Bundesgrünen die Liaison der Salzburger mit Stronach mit
Unbehagen beobachten. Die vielen Protestmails an die regionale
Parteiführung belegen die Verunsicherung in Teilen der
Grün-Stammwählerschaft. Dass die Stronach-Partei in der neuen
Landesregierung auch noch die Schlüsselressorts Wohnen und Verkehr
erhält, gibt dem Unmut zusätzlich Nahrung. Das Salzburger Ergebnis
bei den Nationalratswahlen im September wird zeigen, wie tief die
Empörung in den Kernwählerschichten der Grünen tatsächlich sitzt.
Salzburgs Grüne werden sich sehr anstrengen müssen, den von vielen
Sympathisanten ungeliebten Pakt mit Stronach mit politischen Erfolgen
zu legitimieren. Die Ressortverteilung macht das nicht einfach: Die
Kernressorts Finanzen und Personal sind in ÖVP-Hand. Nicht einmal das
Energieressort konnten die Grünen retten. In Zeiten gut gefüllter
Kassen kann man natürlich auch mit Wohlfühlressorts wie Kultur,
Nachhaltigkeit, Sport und Familie punkten. Nur: Die Töpfe in Salzburg
sind nach dem Finanzskandal leer, der verfügbare Budgetrahmen
befindet sich im freien Fall. Also werden auch die Grünen den
Rotstift ansetzen müssen. Das macht bekanntlich keine Freunde. Bleibt
die Hoffnung auf den von Astrid Rössler gebetsmühlenartig
versprochenen "neuen Stil". Das Hearing, dem sich die
Regierungsmitglieder am Tag vor der Angelobung stellen, könnte ein
Zeichen sein. Wenn aber pro Regierungsmitglied gerade einmal eine
halbe Stunde Fragezeit vorgesehen ist, droht das Ganze zu einer
PR-Aktion zu verkommen. Von den Grünen wurden in Sachen neuer Stil
auch ein großer koalitionsfreier Raum, eine Aufwertung des
Landesparlamentes mit freier Meinungsbildung oder die freie Wahl des
Landtagspräsidenten gefordert. Man soll den Stab über die neue
Regierung nicht schon im Vorfeld brechen, aber nach Abschluss der
Verhandlungen sieht wenig nach neuem Stil aus. Die
Landtagspräsidentin ist Teil der Koalitionsvereinbarung, die
Abgeordneten sind weitgehend auf die Regierungslinie vergattert
worden. Und ob unabhängige Experten statt Parteigängern in die
diversen Aufsichtsräte und Gremien entsandt werden, blieb im
Parteienpakt ausgespart.
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Datum: 12.06.2013 - 18:53 Uhr
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Die Grünen müssen den Salzburger Regierungspakt ihren Wählern noch erklären - Ausgabe vom 13.6.2013
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