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DER STANDARD-Kommentar "Ägyptens Wahlpech" von Gudrun Harrer

ID: 812497

(ots) - Vor einem Jahr, am ersten Jahrestag des Falls des
Regimes von Hosni Mubarak, waren die Parlamentswahlen in Ägypten
bereits geschlagen. Sie hatten den Islamisten - Muslimbrüdern und
Salafisten zusammen - eine absoluten Mehrheit gebracht. Dennoch wurde
die entscheidende politische Auseinandersetzung für die Übergangszeit
damals noch als jene zwischen der Armee - die am 11. Februar 2011
Hosni Mubarak heimgeschickt hatte, weil er ihr mehr schadete als
nützte - und den zivilen Kräften wahrgenommen.
Die Armee gab die Macht nach den Parlamentswahlen nicht ab, bis im
Sommer die alten Kräfte auch noch die Präsidentenwahlen verloren. Das
Blatt begann sich mit dem Sieg Mohammed Morsis zu wenden. Angesichts
der neuen Realitäten zeigte sich die Armee pragmatisch - wobei ihr
Sonderstatus von den neuen Herren bisher nicht ernsthaft angetastet
wurde. Wenn Morsi in den vergangenen Monaten irgendein Geschick
bewies, dann jenes, sein Verhältnis zu den Militärs neu zu ordnen.
Aber "weg" ist die Armee natürlich nicht: Sie wird immer ihre
Interessen - die sie praktischerweise identisch mit denen des Landes
sieht - im Auge haben, und es ist offen, wie lange sie sich mit denen
des neuen islamistischen Establishments decken werden.
Denn ob Morsi die derzeitige Situation wieder unter Kontrolle bringt,
ist ungewiss. Die Militärs, die die Macht so lange nicht abgeben
wollten, wurden - aus islamistischer Perspektive - abgelöst von
gesellschaftlichen Kräften, die eine durch einen demokratischen
Prozess entstandene legitime Ordnung nicht akzeptieren. Das wird beim
Blick von außen auf die aktuellen Unruhen meist vergessen: Morsi, die
Regierung, auch die defekte Verfassung, sie alle sind in der Tat
durch Wahlen legitimiert.
Dass eine Demokratie keine absolute Herrschaft einer Mehrheit ist,
die sich bei Wahlen ergibt (und sich wieder ändern kann), sondern ein




ständiger Verhandlungsprozess aller Gruppen, das übersteigt das
politische Know-how der Islamisten. Und das größte Pech ist, dass in
islamistischen Augen im Wahljahr 2012 der Souverän Volk so
entschieden hat, wie die Islamisten glauben, dass der echte Souverän,
Gott, es will. So kommen die Todes-Fatwas all dieser eifrigen
Scheichs zustande, die sich gegen Oppositionelle richten.
Dennoch muss man das Bild zurechtrücken, dass es dabei nur um ein
Ringen von Nichtreligiösen mit Religiösen geht. Nur ein Beispiel: Der
"Tahrir-Prediger" Mazhar Shahin, Imam an der Omar Makram Moschee
direkt am Platz, erhob am Freitag seine Stimme gegen die Muslimbrüder
und Morsi und erinnerte ihn daran, wem er seinen Posten verdankt:
denen, die jetzt wieder demonstrieren.
Wer genau das ist, so klar ist das aber auch nicht. Unter "die
"Opposition" versteht man jetzt meist die Gruppe dreier älterer
Herren mit dem unwahrscheinlichen Namen "Rettungsfront": ein
Nasserist (Hamdin Sabbahi), ein Exfunktionär Mubaraks (Amr Moussa)
und ein früherer internationaler Beamter (Mohamed ElBaradei).
Nur wenige Demonstranten nehmen Bezug auf sie, und die
Rettungsfront-Drei haben keinerlei Kontrolle über die Proteste,
gerieren sich jedoch quasi als ihr politischer Arm. Aber das ist nur
eine - für die drei nicht ungefährliche - Konstruktion für den
Augenblick. Neuwahlen sind nötig, aber dafür braucht es Politik, die
am Tisch gemacht wird und nicht auf der Straße.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

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Datum: 10.02.2013 - 18:00 Uhr
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"Die Islamisten verteidigen ihre Herrschaft als demokratisch legitimiert" - Ausgabe 11.2.2013 wi


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