"DER STANDARD"-Kommentar: "Romney ist wieder im Spiel" von Christoph Prantner
(ots) - Die erste Fernsehdebatte im
US-Präsidentschaftswahlkampf gilt als eine Art Super Bowl der
amerikanischen Demokratie. Mitt Romney hat in diesem Match eine gute
Figur gemacht. Der republikanische Kandidat schaffte es, die Agenda
zu bestimmen und dabei - beinahe - menschlich zu wirken. Präsident
Barack Obama dagegen gewann mit einer seiner schlechtesten
Darbietungen seit langem keinen einzigen Yard.
Im Gegensatz zum Finale der National Football League ist mit
dieser Debatte die politische Saison allerdings noch lange nicht zu
Ende. Romney kann sich nach diesem Mittwochabend in Denver nach
einigen Wochen miserabel gelaufenen Wahlkampfes wieder voll und ganz
im Spiel fühlen. Und jene, die ihn - vor allem in Europa - schon
abgeschrieben haben und nun Obama auf der Verliererstraße sehen,
müssen zur Kenntnis nehmen, dass US-Wahlkämpfe nicht aus sind, bevor
tatsächlich gewählt ist.
Die Frage aber bleibt, ob die gute Performance neben Romneys
Selbstbewusstsein auch seinen Umfragewerten Flügel verleihen wird.
Ohne Zweifel: Er hat seinen Schwung wiedergefunden, aber ob der bis
zum Ziel tragen wird, ist alles andere als sicher. Denn bis zum 6.
November steht ihm das bevor, was die Amerikaner eine "uphill battle"
nennen, einen schweren Kampf bergauf gegen einen trotz des jüngsten
Ausfalls starken Gegner mit einer - und das ist noch viel wichtiger -
noch stärkeren Wahlkampfmaschine in der Hinterhand.
Obamas Zentrale operierte in den US-Bundesstaaten zuletzt mit rund
100 lokalen Wahlkampfteams, bei Romney waren es deren 30. Das vor
allem ist der Grund dafür, dass der Präsident, der sich in den
nationalen Umfragen bisher nie wirklich von seinem republikanischen
Herausforderer absetzen konnte, in den meisten relevanten
Bundesstaaten führt. Und dort, in "Swing-States" wie Ohio, Florida
oder eben Colorado werden die Wahlen im amerikanischen
Elektoren-System gewonnen.
Nachhaltig wäre die Leistung Romneys erst, wenn seine Werte auch
dort besser würden. Denn er hat erst dann eine realistische Chance
auf einen Sieg im November, wenn er die meisten der insgesamt zehn
umkämpften Swing-Staaten gewinnt. Dass das tatsächlich eintreten
könnte, ist eher unwahrscheinlich. Politologen haben seit 1988
insgesamt 16 TV-Duelle verglichen und die Meinungsumfragen danach
ausgewertet. Die durchschnittlichen Schwankungen lagen bei etwa einem
Prozent zugunsten des Gewinners des ersten TV-Duells. Nur John Kerry
gewann 2004 gegen George W. Bush 2,3 Punkte dazu, verlor die Wahl
aber letzten Endes dennoch.
Daraus lässt sich auch lesen, dass Obama eigentlich nur gegen sich
selber verlieren kann. Legt er nach Denver noch ein paar solcher
müder und lustloser Auftritte hin, brächte er seine Wiederwahl
ernsthaft in Gefahr. Statt seinen "Hintern" höflich für Tritte seines
Gegners zu präsentieren, wie es ein paar scharfzüngige Beobachter in
Washington zuletzt formulierten, wäre ein Präsident in der Offensive
gefordert. Auch deswegen, weil er sich alle Mühe geben muss, seine
eigene Wählerschaft aus 2008 noch einmal zu mobilisieren.
Soll das gelingen, dann muss er zumindest in Spurenelementen auch
als jener Barack Obama antreten, der er 2008 war. Und nicht als
Bodydouble eines politisch blutleeren Präsidenten, den der eigene
Wahlkampf zu langweilen scheint.
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Datum: 04.10.2012 - 19:17 Uhr
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Obama bleibt dennoch Favorit - es sei denn, er verliert gegen sich selbst (ET 05.10.2012) Wien
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