"DER STANDARD"-Kommentar: "Das Geld anderer Leute"
von Michael Völker
(ots) - Hauptsache, das eigene Bild ist in der Zeitung. Der
Inhalt ist eher zweitrangig. Das klingt nach einem "old fashioned"
Politiker, die ganz alte Schule. Ist aber Realität. Auch in unserer
Bundesregierung. Umweltminister Nikolaus Berlakovich ist so ein
Beispiel. Hauptsache, Bild in der Zeitung. Pressereferenten werden zu
demütigenden Anrufen genötigt: "Wir hätten da eine Geschichte, aber
der Minister müsste im Bild sein." Ein Beispiel, eines von vielen.
Der Glückstreffer wäre ein Foto auf der Seite 1, vorzugsweise Kronen
Zeitung, ganz ideal mit süßem Kind oder herzigem Hund. Bundeskanzler
Werner Faymann arbeitet hart daran, aber dieses Kunststück ist auch
ihm noch nicht gelungen.
Wenn das mit den Fotos und der Berichterstattung nicht so klappt wie
gewünscht, wenn die Medien nicht parieren, dann wird eben
nachgeholfen: mit teuer erkauften Fotos in Inseraten und bezahlten
Beilagen. Das haben bis dato alle Minister aller Parteien so gemacht
- gnadenlose Eigenpropaganda auf Kosten der Republik. Manche können
gar nicht genug von sich sehen: Verteidigungsminister Norbert Darabos
begegnet auf dem Weg in die Arbeit in der Rossauer Kaserne jeden Tag
seinem Konterfei auf einem riesigen Plakat, bezahlt vom Bundesheer.
Minister Berlakovich kauft sich seine Fotos in den Medien in großer
Zahl. Bei 94 Prozent der Einschaltungen, die das Umweltministerium
buchte, lacht der Minister aus dem Inserat. Das kritisiert der
Rechnungshof. Dem wurde mit dem neuen Medientransparenzgesetz aber
ohnedies ein Riegel vorgeschoben: Eigenpropaganda mit Fotos der
Ressortchefs ist bei Werbeeinschaltungen der Ministerien künftig
verboten.
Noch verwerflicher ist es, wenn man andere für sich werben - und
zahlen - lässt. Wenn staatsnahe Unternehmen genötigt werden, ihr
Werbebudget dem Minister zur Verfügung zu stellen. Wenn die ÖBB
angehalten wird, Faymann eine Kampagne in der Krone zu finanzieren.
Oder die ÖBB ein Geburtstagsfest für den damaligen ÖVP-Kanzler
Wolfgang Schüssel finanzieren "durfte"; oder dem SPÖ-Kanzler Alfred
Gusenbauer eine aufwändige Jubelbroschüre zahlte. Sonst werden gerne
auch Asfinag und besonders die Telekom zu Beiträgen angehalten - oder
missbraucht.
Ein sehr kleiner Teil dieser Inseratenpraxis wird derzeit vor dem
Untersuchungsausschuss beleuchtet. Die Einsicht der Betroffenen:
null. Staatssekretär Josef Ostermayer, die rechte Hand des Kanzlers,
und Berlakovich argumentieren, als ob es ihr eigenes Geld gewesen
wäre, das hier in die ministerielle Beweihräucherung geflossen ist.
Dieses fehlende Unrechtsbewusstsein haben Berlakovich und Ostermayer
mit einem Expolitiker gemein: Josef Martinz, der im Juli als Kärntner
ÖVP-Chef zurückgetreten ist und am Montag in Klagenfurt wegen Untreue
in erster Instanz zu einer Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren
unbedingter Haft verurteilt wurde, versteht die Welt nicht mehr.
Obwohl er nachgewiesenermaßen auch Geld aus dem Birnbacher-Honorar
genommen hatte, konnte er sich zu keinem Geständnis durchringen. Nach
dem Urteil sprach er von einem "Schauprozess". Für ihn sei ein
Albtraum wahr geworden.
Dieser Albtraum wird nun auch andere Politiker quälen. Von Einsicht
gänzlich unbeleckt, könnte die Angst vor Strafverfolgung ein guter
Ratgeber sein, die Finger vom Geld anderer Leute zu lassen. Untreue
heißt das Delikt.
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Datum: 02.10.2012 - 19:07 Uhr
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Mangelnde Einsicht: Was Martinz, Ostermayer und Berlakovich gemeinsam haben - Ausgabe vom 3.10.2012
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