Mittelbayerische Zeitung: Lebensgefühl Bundesliga
(ots) - Von Claus-Dieter Wotruba
Es gibt nur eine Bundesliga. Beinahe jeder Teamsport organisiert
sich in einem ähnlichen Gebilde. Aber dieses Baby, das am 24. August
1963 das Licht der Sportwelt erblickte und eine der besten Ideen der
deutschen Sportgeschichte ist, gehört längst zum deutschen Kulturgut.
Es ist nicht eine Bundesliga, es ist die Bundesliga. An der höchsten
deutschen Fußballklasse lässt sich nämlich viel, viel mehr ablesen
als nur ein deutscher Meister nach 34 Spieltagen. Im 50. Lebensjahr
wird gerne zurückgeblickt. Und wie ein Menschenleben auch sind fünf
Jahrzehnte einer Spielklasse natürlich ein Quell für heitere wie
traurige Geschichten. Sepp Maier auf Entenjagd, der
Bundesliga-Skandal in den Siebzigern, Hoyzer oder Bayerns
Last-Minute-Meisterschaft, Gerd Müller, Jupp Heynckes, Klaus Fischer,
Manfred Burgsmüller, Nürnbergs Abstieg als Meister, die einst
Unabsteigbaren aus Bochum oder die einst Unaufsteigbaren von Greuther
Fürth, die als erst 52. Klub die Jubiläumssaison angehen - die hier
zur Verfügung stehenden Zeilen ließen sich leicht allein mit der
unendlichen Fortsetzung dieser spontan aneinandergereihten Namen und
der Ausformulierung der sich darum rankenden Geschichten füllen. Die
Bundesliga hat die Menschen begleitet - und beileibe nicht nur die,
die sich für Fußball interessieren. An der Fußball-Bundesliga kommt
keiner vorbei, sie wurde über die Jahre zu einem Teil der täglichen
Nachrichten, zu einem Teil des täglichen Lebens. Schon die
Veränderung in der Art der Betrachtung spricht Bände. Fremd wie eine
Telefon mit Wählscheibe wirken heute die Erzählungen, dass das
Live-Erlebnis früher neben dem Radiogerät stattfand: Es lebe die
Konferenzschaltung! Zu einer Zeit, in der einzelne Werbetafeln
tatsächlich TV-Übertragungen gefährdeten (während heute jedes Spiel
von irgendeinem Werbeträger präsentiert wird), hing der Fan an den
Lippen der Radioreporter, die sich aus Hamburg, Gelsenkirchen oder
München meldeten. Ihre Schilderungen führten zu Fantasien, wie die
Tore entstanden sein mögen, die sich erst später in der
ARD-Sportschau in bewegten Fernsehbildern überprüfen ließen. Heute
gibt es Liveticker, alle Spiele sind fast an jedem Ort bei Bedarf zu
verfolgen - und in die Stadien strömen mehr Zuschauer denn je. Über
45 000 pro Partie waren es in der vergangenen Saison. Natürlich
schafft so ein Massenphänomen massig Probleme. Die Gewalt rund um die
Stadien ist eines der meist diskutierten dieser Tage - auch da ist
die Fußball-Bundesliga nur ein Spiegelbild der Gesellschaft und eben
nicht die erwünschte heile Welt. Fußball ist ein Volkssport - und
längst auch Teil der Volkswirtschaft. In Zeiten der Globalisierung
hat sich auch der Fußball in einer Rasanz entwickelt, die ihn zum
riesengroßen Geschäft mit all den damit verknüpften Gefahren macht.
Milde schmunzeln lässt einen der heutige Blick auf die Aufregung um
den ersten Millionenmann der Bundesliga. Roger van Gool kostete Köln
1976 einen siebenstelligen Betrag - in Mark! Heute sind für eine
Ablösesumme von 500 000 Euro oft nicht einmal mehr minderjährige
Großtalente zu bekommen. Eine andere Explosion hat Liga-Präsident
Reinhard Rauball in Zahlen ausgedrückt. "In der Saison 1991/92 hatten
alle Erstligisten zusammen rund 190 Millionen Euro Gesamtumsatz, nach
der Saison 2011/12 waren es fast zwei Milliarden Euro", beschreibt er
kaum zu fassende Dimensionen. Bei allem Gigantismus, bei allen
Auswüchsen: Die ursprüngliche Idee der Fußball-Bundesliga ist immer
noch vorhanden. Sie ist zum Lebensgefühl für viele geworden. Und sie
wird das auch bleiben. Vielleicht sogar noch einmal fünf Jahrzehnte.
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Datum: 23.08.2012 - 19:14 Uhr
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