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DER STANDARD-Kommentar: "Schwarz oder Weiß" von Günther Oswald

ID: 597601

(ots) - Arbeiten bis 70? Was für ein Wahnsinn, werden
Kritiker sofort einwenden. Sollen wir uns bis ins Grab für die Firmen
aufopfern? Außerdem, wie soll denn das überhaupt gehen? Soll der
Bauarbeiter bis 70 auf dem Gerüst stehen? Soll der Spengler mit dem
schweren Kreuzleiden noch mit 68 am Dachstuhl herumklettern? Es
finden sich schnell viele, und auch gute, Argumente, warum Arbeiten
über das aktuelle Pensionsalter hinaus abzulehnen ist.
Mit Pauschalurteilen kommen wir in der Diskussion aber nicht weiter.
Sicher: Nicht jeder Job ist dafür geeignet, bis 70 ausgeübt zu
werden. Gleichzeitig ist es aber nicht überall unzumutbar, bis 70
oder sogar noch länger erwerbstätig zu sein. Dabei geht es keineswegs
nur um privilegierte Uni-Professoren oder leitende Angestellte, die
ihr komplettes Arbeitsleben am Schreibtisch verbracht haben. Es gibt
nicht nur Schwarz oder Weiß, sondern 1000 Abstufungen dazwischen.
In den skandinavischen Ländern hat man bereits vor 20 Jahren
begonnen, sich mit den Grautönen zu beschäftigen. Bei uns ist es
schon eine Sensation, wenn sich die Regierung das Ziel setzt, das
faktische (nicht das gesetzliche!) Pensionsantrittsalter bis 2020 um
2,5 Jahre anzuheben. Dass damit nur die bis dahin gestiegene
Lebenserwartung kompensiert wird, bleibt unerwähnt.
Trotzdem: Es ist löblich, wenn zumindest versucht wird, Lücken im
Pensionssystem - etwa bei der Invaliditätspension - zu schließen. Es
gilt nämlich nicht nur das Sprichwort: Wo ein Wille, da ein Weg.
Sondern auch: Wo ein Weg (in die Pension), da kommt auch ein Wille
auf.
Von politischer Seite kaum angesprochen werden bisher aber falsche
Anreize im System. Nicht alles, was gut gemeint ist, funktioniert
auch gut. Am Beispiel des strengeren Kündigungsschutzes für Ältere:
Natürlich hilft er dabei, dass Leute nicht beim leichtesten
wirtschaftlichen Gegenwind gekündigt werden. Umgekehrt hält er




Betriebe aber auch ab, Ältere einzustellen. Wenn ich weiß, dass ich
den 30-Jährigen im Ernstfall schneller loswerden kann als den
55-Jährigen, werde ich wahrscheinlich den 30-Jährigen aufnehmen.
Noch dazu, weil dieser höchstwahrscheinlich deutlich billiger ist.
Laut einer Studie des Europäischen Zen-trums für Wohlfahrtspolitik
und Sozialforschung verdienen 60- bis 64-jährige Männer im Schnitt um
213 Prozent mehr als 25- bis 29-jährige. Bei den Frauen liegt die
Kluft bei 175 Prozent. Sicher sind hier Berufserfahrung oder
Spezialkenntnisse nicht berücksichtigt. Bei derart hohen Mehrkosten
ist es aber fast unmöglich, dass die Produktivität der älteren
Arbeitnehmer mit den steigenden Löhnen mitkommt - wodurch sie
unattraktiver werden.
Man kann nicht alles haben: höhere Bezahlung, bessere soziale
Absicherung und eine hohe Beschäftigungsquote. Bis zu einem gewissen
Grad handelt es sich bei diesen Faktoren um kommunizierende Gefäße.
Anreizsysteme sind bei uns noch wenig ausgeprägt - etwa ein höheres
Arbeitslosengeld am Anfang der Jobsuche. Oder ein Bonus für Betriebe,
deren Mitarbeiter seltener krank werden. Solche Dinge zu ändern ist
aber im konsensorientierten Österreich nicht leicht. Ein niedriges
Pensionsalter ist politisch weniger heikel als eine höhere
Arbeitslosenrate - auch wenn es volkswirtschaftlich teurer ist. Es
ist leichter, sich mit Reförmchen durchzuschwindeln und sich klar
festzulegen: Ich bin für Schwarz oder für Weiß.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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Datum: 16.03.2012 - 18:22 Uhr
Sprache: Deutsch
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"Nicht nur in privilegierten Jobs ist Arbeiten bis 70 möglich"; Ausgabe vom 17.03.2012 Wien


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