TÜV SÜD: "Für Kindersicherheit im Auto muss mehr getan werden"
(ots) - Zu teilweise alarmierenden Resultaten kommt der
aktuelle Kindersitz-Crashtest, den TÜV SÜD im Auftrag der
Fachzeitschrift "auto motor und sport" durchgeführt hat: Nur fünf von
neun getesteten Sitzen erhalten das Prädikat "empfehlenswert", bei
einem Sitz kam es zu einem Versagen des Rückhaltesystems. Dabei
entsprachen alle getesteten Sitze den in der ECE R44 definierten
gesetzlichen Anforderungen. TÜV SÜD weist in diesem Zusammenhang
darauf hin, dass die gesetzliche Zulassungsnorm die Einhaltung
bestimmter Mindestanforderungen bestätigt. Wer seine Kinder im Auto
besser schützen möchte, der sollte sich unbedingt über die Ergebnisse
aktueller und unabhängiger Verbraucherschutz-Tests informieren, da
diese in der Regel unter härteren Bedingungen testen als in den
Normen gefordert - so wie jetzt auch im Test von auto motor und sport
geschehen.
Im dramatischten Fall des Tests, den auto motor und sport in
seiner aktuellen Ausgabe veröffentlicht (Erscheinungstag: 22.
September), hielt bei einer Sitzschale die Verriegelung der
Isofix-Befestigung nicht stand, worauf die Schale im Test zum
tödlichen Flugobjekt wurde. Nicht minder bedenklich die Erfahrungen
der Tester mit einer Sitzerhöhung aus einem Baumarkt, die beim Crash
mit 51 km/h und einer Verzögerung von 31 g aufgrund der nicht
vorhandenen Befestigungsmöglichkeit unter der Testpuppe
durchgerutscht war. Dazu TÜV SÜD-Experte Dr. Lothar Wech: "Angesichts
der Test-Ergebnisse drängt sich der Verdacht auf, dass einige
Hersteller ihre Systeme exakt auf die Anforderungen der ECE R44
entwickeln. Der Test zeigt aber, dass noch mehr für die Sicherheit
der Kinder getan werden kann." Vor diesem Hintergrund führt TÜV SÜD
zusammen mit der Fachzeitschrift aus Stuttgart seit 19 Jahren
Kindersitz-Crashtests nach demselben Testaufbau durch. Die Kriterien
liegen über den Anforderungen der ECE R44/04. So werden beim TÜV
SÜD-Test die Rückhaltesysteme auf der Fondbank einer verstärkten
Karosserie montiert, die auf 51 km/h beschleunigt und mit mindestens
31 g verzögert. Gesetzlich gefordert sind hier Verzögerungen in einem
Korridor von 20 bis 28 g.
Trotz der im Test aufgedeckten Mängel warnt Wech davor, als
Konsequenz aus den aktuellen Ergebnissen auf Rückhalteeinrichtungen
für Kinder im Auto zu verzichten: "Es ist auf jeden Fall besser, ein
Kind in einem zugelassenen Rückhaltesystem mitzunehmen als
ungesichert oder mit dem Erwachsenengurt gesichert", sagt der
Experte. Der richtige Sitz für den Nachwuchs, geeignet für das Auto,
biete großen Schutz, erläutert Wech weiter. Woran man sich beim Kauf
orientieren sollte und was es zu beachten gibt, um das optimale
System zu finden, dazu Hinweise von TÜV SÜD.
Richtung: Bei den meisten Kinderrückhaltesystemen sitzt der
Nachwuchs in Fahrtrichtung. In so genannten Reboard- oder auch
Rearward-Facing-Systemen liegen oder sitzen die ganz Kleinen gegen
die Fahrtrichtung. Das bietet beim häufigeren Frontalcrash mehr
Schutz - vor allem für den Kopf. Der ist bei den Kleinsten im
Verhältnis zum Körper noch sehr groß und wird im Reboard- oder
Rearward-Facing-System optimal gehalten.
Wichtiger Hinweis für die Rückwärtsfahrt: Viele Eltern wollen den
Spross gerne so nah wie möglich haben und montieren deshalb die
Schale auf dem Beifahrersitz. Dabei ist unbedingt darauf zu achten,
dass der Beifahrer-Airbag deaktiviert ist. Dazu Wech: "Wenn ich
alleine mit dem Kind unterwegs bin, ist es sicherer, das Baby in
meiner Nähe zu haben. Denn ich muss nicht den Kopf drehen und nach
hinten schauen. Im Allgemeinen sind aber die Plätze hinten für Kinder
sicherer."
Befestigung: ISOFIX oder Gurt? Die wirksamste Befestigung eines
Kindersitzes ist die direkte Verbindung mit dem Fahrzeug mittels
ISOFIX. Dazu muss das Auto aber vorbereitet sein. Bei Kfz ohne ISOFIX
können auch Gurtsysteme ausreichend Halt bieten.
Kategorie: Der Sitz muss auch zum Auto passen. Die meisten Systeme
sind "Universal" und können in jedem Fahrzeug montiert werden.
"Semi-universal", "Eingeschränkt" und "Fahrzeugspezifisch" - diese
Bezeichnungen kennzeichnen den Einsatz nur in bestimmten Fahrzeugen
und Sitzpositionen. Die entsprechenden Informationen müssen auf der
Verpackung eindeutig dargestellt sein. Mit "Spezial" gekennzeichnet
sind Systeme, die nur in einem bestimmten Automodell verwendet werden
dürfen.
Gewichtsklasse: Gruppe "0" ist für die Kleinsten bis zu einem
Körpergewicht von zehn Kilogramm geeignet. Speziell für
Reboard-Systeme gibt es die erweiterte Gruppe "0+" - bis 13
Kilogramm. Gruppe "1" klassifiziert Sitze für den Gewichtsbereich
zwischen neun und 18 Kilogramm, Gruppe "2" zwischen 15 und 25
Kilogramm und Gruppe "3" ist für alle Kinder ab einem Gewicht von 22
Kilogramm geeignet - dabei handelt es sich meistens um
Sitzerhöhungen.
Gesetze: Wichtigste Regel: Bis zum Alter von zwölf Jahren dürfen
Kinder, die noch keine 150 cm groß sind, nur in entsprechenden
Rückhalteeinrichtungen mitfahren. Das gilt für alle Kraftfahrzeuge,
für die Gurtpflicht besteht - also auch für Wohnmobile und
Kleinbusse. Rückhaltesysteme müssen amtlich zugelassen sein. Dafür
werden umfangreiche Prüfungen gemäß der ECE-Regelung 44 durchgeführt.
Für diese Regelung gab es im April 2008 eine Novelle. Seitdem dürfen
nur noch Kindersitze benutzt werden, die gemäß der Norm ECE R 44/03
oder 44/04 geprüft sind. Kinderrückhaltesysteme nach ECE R44/01 oder
R44/02 sind nicht mehr zulässig. Werden solche Sitze trotzdem
benutzt, sind nicht nur die Kinder gefährdet, es droht zusätzlich ein
Bußgeld von 30 Euro.
Prüfsiegel: Alle diese Hinweise müssen auf einem Etikett am System
(häufig orangefarben) erkennbar sein. Es enthält folgende
Pflichtangaben (siehe Abbildung oben):
- Kategorie des Rückhaltesystems, zum Beispiel "Universal"
- Gewichtsklasse des Sitzes, zum Beispiel für Kinder mit einem
Körpergewicht zwischen 15 und 25 Kilogramm
- Genehmigungszeichen des Sitzes
- Hersteller des Sitzes
Einkauftipps: "Wichtigste Grundregel - Kind auf jeden Fall zum
Kauf mitnehmen und Einbau im Auto probieren", rät Dr. Wech. Dann
können sich Eltern vor Ort in folgenden Punkten Gewissheit
verschaffen: Der Ein- und Ausbau sollte leicht vonstattengehen, die
Verankerungen und Gurtführungen optimal zum Fahrzeug passen. Den
Händler fragen, ob er eine Einweisung gibt. Viele sind dazu vom
Hersteller geschult.
Wichtig auch: Das Kind sollte es in der Schale oder dem Sitz
bequem haben - auch wenn es schläft. Sitze mit Einstellmöglichkeiten
und gutem Seitenschutz sind am besten. Damit das schlafende Kind
nicht herausrutscht, werden Schlafstützen zur Sicherung angeboten -
sie bieten auch bei Fahrzeugen mit Seitenairbags Schutz. Ist der
Nachwuchs schon größer, sollte man es bei der Auswahl auf jeden Fall
mitreden lassen. Das beugt späteren Protesten vor und sorgt so für
mehr Sicherheit.
Weitere wichtige Hinweise gibt es im TÜV SÜD-Tipp "Kinder im Auto:
Wie werden sie richtig gesichert?" Die Broschüre kann kostenlos
heruntergeladen werden unter www.tuev-sued.de im Privatkunden-Bereich
Auto&Fahrzeuge.
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Frank Volk
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Datum: 22.09.2011 - 14:30 Uhr
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