Mittelbayerische Zeitung: FC Bayern ohne Plan
(ots) - Die sportliche Misere des FC Bayern München
kostet Louis van Gaal seinen Job als Trainer an der Säbener Straße -
nicht schon heute, aber zum Saisonende. Was auch immer sich hinter
der Formulierung "unterschiedliche Auffassungen über die strategische
Ausrichtung des Klubs" verbergen mag, sie gingen jedenfalls so weit
auseinander, dass der bis zum 30. Juni 2012 gültige Vertrag schon ein
Jahr vorher aufgelöst werden muss. So oder so hat die Führungsriege
des Rekordmeisters um Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß damit kein
glückliches Händchen bewiesen und von drei Entscheidungen die
falscheste getroffen. In Anbetracht der jüngsten Pleiten in der
Bundesliga und im Pokal und der Gefahr, die Champions
League-Plätzeaus den Augen zu verlieren, waren die Verantwortlichen
natürlich gezwungen, sich mit ihrem unbequemsten Mitarbeiter
auseinanderzusetzen. General van Gaal hatte es nach einem klassischen
Fehlstart und Tabellenplatz zwölf Anfang Oktober zwar geschafft, das
Flaggschiff des deutschen Fußballs zwischenzeitlich wieder in
Position zu bringen, droht nun aber abzutreiben und die für die
Münchner unverzichtbare Qualifikation für die Champions League
endgültig aus den Augen zu verlieren. Nach den Niederlagen gegen
Borussia Dortmund, Schalke 04 und zuletzt Hannover 96 wäre eine
sofortige Trennung von van Gaal aus sportlicher Sicht nachvollziehbar
gewesen und sicher eine saubere Lösung, als jene, die nun gestern
gefunden wurde. Es verwundert, dass es offensichtlich nicht die
blanken Ergebnisse sind, sondern die strategische Ausrichtung des
streitbaren Niederländers, die nun plötzlich nicht mehr zum
Rekordmeister passen soll. Immerhin ließ van Gaal bis heute nie einen
Zweifel daran, dass all seine Entscheidungen nur einem Zweck
unterworfen sind, nämlich dem, um jeden Preis Erfolg zu haben. Genau
dies galt bis zuletzt immer auch als das primäre Ziel des FC Bayern.
Ein echtes Konzept war dabei in der Zeit vor van Gaal eher selten zu
erkennen. Die Strategie bestand im Wesentlichen darin, die besten
Spieler der Bundesliga mit Geld nach München zu holen und darauf zu
hoffen, dass diese dann als Mannschaft funktionieren. Vielleicht war
es van Gaals größter Fehler, dass er einen anderen Plan hatte. Der
Fußball-Philosoph impfte der Mannschaft seine Idee des Spiels ein und
ordnete dieser alles unter. Dabei schreckte er auch vor großen Namen
nicht zurück und ließ verdiente Akteure wie Lucio, Luca Toni, Martin
Demichelis oder zuletzt Mark van Bommel ziehen. Stattdessen vertraute
er als Erster auf die Qualität der vereinseigenen Jugendarbeit.
Talenten wie Holger Badstuber oder Thomas Müller gab er die
Möglichkeit, sich zu Nationalspielern zu entwickeln - einen wie
Bastian Schweinsteiger formte er zum Weltklassespieler. Diesen Weg
hätte man van Gaal auch ohne größeres Risiko in der nächsten Saison
weitergehen lassen können. Immerhin hatte der deutsche Rekordmeister
in seiner Historie in schöner Regelmäßigkeit mit solchen
Übergangsjahren wie jetzt zu kämpfen. Dass die Saison 2010/2011 so
eines geworden ist, liegt auch an Umständen, die der Niederländer gar
nicht beeinflussen konnte. Nicht weniger als 13 seiner wichtigsten
Akteure schleppten sich nach den Strapazen der WM in Südafrika bis
zur Winterpause, Verletzungen von Leistungsträgern wie Arjen Robben
taten ihr Übriges. Auch wenn der Niederländer - gerade was den
Verzicht auf Verstärkungen in der Defensive zu Saisonbeginn oder die
permanenten Wechselspiele in der Viererkette in den vergangenen
Spielen anbelangt - sicher das eine oder andere Mal daneben lag, so
machte er allemal eine bessere Figur als die Herren in der
Führungsetage jetzt. Ihre Entscheidung, sich am Saisonende von van
Gaal zu trennen, zeigt nur, dass sie für eine sofortige Entlassung
keinen Plan B in der Tasche hatten und für eine weitere
Zusammenarbeit mit dem 59-Jährigen nicht den nötigen Mut. Wo ist da
die Strategie?
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Datum: 07.03.2011 - 19:54 Uhr
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