Leser kann Werbung nicht erkennen
Fehlende Kennzeichnung führt zu elf Rügen
(ots) - Der Deutsche Presserat tagte am 1. und 2. Dezember
2010 in Berlin und sprach insgesamt 15 Rügen aus.
Trennungsgebot
Die Beschwerdeausschüsse sahen in 14 Fällen das in Ziffer 7 des
Pressekodex festgehaltene Gebot der klaren Trennung von Redaktion und
Werbung verletzt.
Ziffer 7 - Trennung von Werbung und Redaktion Die Verantwortung
der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle
Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen
Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der
Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und
Redakteure wehren derartige Versuche ab und achten auf eine klare
Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu
werblichen Zwecken. Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse
des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.
In elf Fällen erschienen redaktionell gestaltete Anzeigen, die
nicht als solche gekennzeichnet waren. Dabei wurde stets dasselbe
Kosmetikprodukt unter anderem mit Positivaussagen scheinbar
unabhängiger Konsumenten und Experten beworben. Nach Richtlinie 7.1
des Pressekodex ist es erforderlich, dass bezahlte Veröffentlichungen
so gestaltet sein müssen, dass sie als Anzeige für den Leser
erkennbar sind. Insgesamt handelte es sich um lediglich vier
verschiedene Anzeigenmotive. Betroffen waren die Zeitschriften ALLES
FÜR DIE FRAU, TINA, MACH MAL PAUSE, LAURA, HEIM UND WELT, LEA, DAS
NEUE BLATT, FREIZEITWOCHE, DAS NEUE sowie in zwei Fällen DIE NEUE
FRAU. Diese Publikationen erscheinen in zwei Verlagen.
Richtlinie 7.1 - Trennung von redaktionellem Text und Anzeigen
Bezahlte Veröffentlichungen müssen so gestaltet sein, dass sie als
Werbung für den Leser erkennbar sind. Die Abgrenzung vom
redaktionellen Teil kann durch Kennzeichnung und/oder Gestaltung
erfolgen. Im Übrigen gelten die werberechtlichen Regelungen.
Der BERLINER KURIER erhielt ebenfalls wegen Verletzung des
Trennungsgrundsatzes eine Rüge. Die Zeitung hatte in der Print- und
Online-Ausgabe einen Beitrag veröffentlicht, in dem ausführlich - mit
Preisangabe und Beschreibung der Reiseroute - ohne nachvollziehbaren
Grund für die Auswahl ein einzelnes Angebot für eine siebentägige
Mittelmeerkreuzfahrt vorgestellt wurde. Am Ende des Artikels erfolgte
der Hinweis auf eine Telefonnummer und eine Website, über die die
Reise gebucht werden kann. Der Beschwerdeausschuss sah in dieser
Veröffentlichung Schleichwerbung nach Richtlinie 7.2 Pressekodex.
Ohne dass der Leser eine Vergleichsmöglichkeit hatte, wurde das
Angebot eines einzelnen Anbieters hervorgehoben. Mit dem Beitrag
wurde die Grenze zwischen einer Berichterstattung von öffentlichem
Interesse und Schleichwerbung überschritten.
Richtlinie 7.2 - Schleichwerbung
Redaktionelle Veröffentlichungen, die auf Unternehmen, ihre
Erzeugnisse, Leistungen oder Veranstaltungen hinweisen, dürfen nicht
die Grenze zur Schleichwerbung überschreiten. Eine Überschreitung
liegt insbesondere nahe, wenn die Veröffentlichung über ein
begründetes öffentliches Interesse oder das Informationsinteresse der
Leser hinausgeht oder von dritter Seite bezahlt bzw. durch geldwerte
Vorteile belohnt wird. Die Glaubwürdigkeit der Presse als
Informationsquelle gebietet besondere Sorgfalt beim Umgang mit
PR-Material.
Ebenfalls wegen Schleichwerbung nach Richtlinie 7.2 Pressekodex
wurden die Zeitschrift TV14 und TZ-Online gerügt. TV14 hatte sich in
einem Beitrag mit den Folgen des Mangels an Folsäure beschäftigt und
dabei auf das Präparat 'taxofit Folsäure + Metafolin' hingewiesen.
Für die Erwähnung dieses einzelnen Produkts sah der
Beschwerdeausschuss keinen Anlass. Er erkannte darin Schleichwerbung.
TZ-Online hatte in einem Artikel über eine Frau berichtet, deren
Rückenschmerzen durch eine Operation beseitigt worden waren. An drei
Stellen des Beitrages wurde auf den behandelnden Arzt hingewiesen.
Dabei wurden auch Anschrift, Telefonnummer und Homepage der Praxis
genannt. Diese Angaben sind als Schleichwerbung zu bewerten, sie
waren nach Auffassung des Presserats vom öffentlichen Interesse nicht
mehr gedeckt.
Persönlichkeitsrechte
Eine öffentliche Rüge wegen eines Verstoßes gegen die
Persönlichkeitsrechte eines Mordopfers erhielten BILD (Aachen) und
BILD-Online. Die Zeitung und das Online-Portal hatten einen Arzt aus
dem Rheinland, der erschossen worden war, mit abgekürztem Namen
genannt und ihn mit einem Foto gezeigt. Er wurde als "Drogen-Baron"
bezeichnet und die Publikationen behaupteten, er sei in die
Herstellung von Drogen und in Geschäfte damit verwickelt. Dieser
Bezug zum Drogen-Milieu liefere das Motiv für die Tat.
Der Beschwerdeausschuss sah kein öffentliches Interesse, das den
Persönlichkeitsschutz überwogen und eine identifizierende Darstellung
gerechtfertigt hätte. Aufgrund der Beeinträchtigung für die
Hinterbliebenen durch weitreichende, aber nicht hinreichend belegte
Behauptungen über die schwerkriminelle Verstrickung des Toten, hielt
der Ausschuss eine öffentliche Rüge für gerechtfertigt.
Ziffer 8 - Persönlichkeitsrechte
Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des
Menschen. Berührt jedoch das private Verhalten öffentliche
Interessen, so kann es im Einzelfall in der Presse erörtert werden.
Dabei ist zu prüfen, ob durch eine Veröffentlichung
Persönlichkeitsrechte Unbeteiligter verletzt werden. Die Presse
achtet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und
gewährleistet den redaktionellen Datenschutz.
Statistik
Insgesamt wurden in den zwei Beschwerdeausschüssen 81 Beschwerden
behandelt. Neben den 15 öffentlichen Rügen gab es 16 Missbilligungen
und 19 Hinweise. In 29 Fällen wurden die Beschwerden als unbegründet
erachtet. In einem Fall wurde eine Beschwerde als begründet
angesehen, auf eine Maßnahme wurde verzichtet. Eine Beschwerde war
nicht aufklärbar.
Ansprechpartner für die Presse: Edda Kremer, Arno Weyand, Tel.
030-367007-0
Pressekontakt:
Deutscher Presserat
Telefon: 030-367 00 7-0
Fax: 030-367 00 7-20
E-Mail: info(at)presserat.de
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Datum: 03.12.2010 - 12:55 Uhr
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