VW versucht China zurückzuerobern–Softwareexperte verrät, warum die Deutschen im Vergleich zu den Chinesen so extrem versagen
(ots) - Während chinesische Autobauer mit smarter Software, Over-the-Air-Updates und digitalem Fahrerlebnis punkten, kämpft VW mit internen Problemen bei seiner Software-Tochter Cariad. Entlassungen, Verzögerungen bei Modellen und nicht funktionierende Systeme sorgen für Imageverlust – besonders im wichtigsten Automarkt der Welt: China.
Die deutsche Autoindustrie hat zu lange gedacht, dass gute Hardware reicht. Aber im digitalen Zeitalter verkauft sich kein Auto mehr ohne erstklassige Software– und da haben die Chinesen längst verstanden, worauf es ankommt. In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Fehler strukturell gemacht wurden – und was jetzt passieren muss, damit deutsche Hersteller wieder auf Augenhöhe mit China konkurrieren können.
Deshalb wurde Volkswagen von chinesischen Herstellern abgehängt
Über Jahrzehnte galt Hardware als die Königsdisziplin deutscher Ingenieurskunst – Perfektion war Pflicht, Fehler inakzeptabel. Genau mit diesem Anspruch startete Volkswagen 2020 die Softwaretochter Cariad: ein einheitliches Betriebssystem für alle Konzernmarken sollte entstehen, makellos und allumfassend. Doch was in der Welt der Mechanik funktioniert, scheitert oft in der Softwareentwicklung. Statt auf Agilität, schnelle Iterationen und bewusst unvollkommene erste Versionen zu setzen, blieb man in klassischen Denkmustern gefangen. Ingenieure mit Hardware-Wurzeln planten riesige Plattformen, die alle Anforderungen abdecken sollten – ein Paradebeispiel für"Overengineering im Elfenbeinturm".
Doch während VW noch perfektionierte, waren chinesische Autobauer wie Nio, BYD und XPeng längst am Markt, verbesserten ihre Fahrzeuge durch Updates und agierten wie Tech-Unternehmen: flexibel, lernbereit und nah am Kunden. Das Resultat: Marken wie BYD überholen VW inzwischen in China – nichtwegen besserer Hardware, sondern wegen überlegenem Software-Erlebnis.
Perfektion und Softwareentwicklung passen nicht zusammen
Warum aber ist Perfektion in der Softwareentwicklung ein unerreichbares Ziel? Weil Software ein lebendes System ist, das ständige Anpassung verlangt – besonders in unserer schnelllebigen Zeit. Kunden erwarten längst, dass ihr Auto sich wie ein Smartphone weiterentwickelt: neue Funktionen, Verbesserungen, regelmäßige Updates.
Chinesische Hersteller wie Nio, BYD oder XPeng haben das längst verstanden. OTA-Updates sind bei ihnen Standard, Kundenfeedback wird gesammelt, ausgewertet und zügig umgesetzt. Volkswagen dagegen verharrte im alten Denken: Mit VW.OS wollte man eine Plattform schaffen, die schon bei der Markteinführung perfekt war – ein Ansatz, der in der Softwarewelt zum Scheitern verurteilt ist.
Die Arbeitsweise bei Cariad als Teil des Problems
Wie gravierend die Unterschiede zwischen deutschen und chinesischen Herstellern bei der Softwareentwicklung sind, zeigt sich auch in der jeweiligen Arbeitsweise. In China stellt man kurze, prägnante Hypothesen auf, die rasch veri- oder falsifiziert werden können. Der Entwicklungsprozess bleibt dadurch flexibel und schnelllebig.
Im Gegensatz dazu setzte man sich bei VWs Software-Tochter Cariad die Entwicklung einer umfangreichen Plattform zum Ziel. Das bedeutet aber auch, dass es viele Beteiligte gibt und noch mehr Absprachen notwendig sind. Wegen dieser aufwendigen Zusammenarbeit kam es immer wieder zu Verzögerungen, und neue Technologien entsprachen beim Zeitpunkt der Veröffentlichung schon nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik. Für vorzeigbare Ergebnisse brauchte man bei Cariad bis zu 24 Monate – in China schaffte man das in einem halben Jahr.
Deshalb muss Software nicht perfekt sein
Deutsche Autobauer verknüpfen Unvollkommenheit mit schlechter Qualität – aber gerade bei der Softwareentwicklung funktioniert diese Gleichsetzung nicht. Es ist völlig in Ordnung, ja sogar notwendig, mit einer noch nicht ausgereiften Version 1.0 zu starten und diese dann sukzessive zu verbessern.
Der chinesische Automobilhersteller XPeng launchte zum Beispiel schon 2021 ein Autobahn-Assistenzsystem, das seitdem immer wieder durch OTA-Updates verbessert wird. Bei NIO hingegen wird der integrierte Sprachassistent auf der Grundlage realer Nutzerdaten kontinuierlich weiterentwickelt. Und bei BYD konnte man schon wenige Monate, nachdem man erfahren hatte, dass die Kunden Fahrassistenzsysteme wünschen, ein erstes Update liefern.
Erkenntnisse, die deutsche Autobauer jetzt nutzen sollten
Neben den ersten Schritten, die Volkswagen bereits gegangen ist– wie der Neuausrichtung von Cariad, der Partnerschaft mit XPeng und einem stärkeren Fokus auf Software – sind tiefgreifendere Veränderungen nötig. So muss VW lernen, Softwareentwicklung als hypothesengetriebenen Prozess zu verstehen: kleine Annahmen schnell testen, validieren undanpassen, statt auf das perfekte Gesamtsystem zu warten. Entscheidungswege müssen deutlich kürzer werden, damit kleine, autonome Teams Softwaremodule zügig entwickeln und ausrollen können.
Ebenso entscheidend ist eine Kultur, in der OTA-Updates selbstverständlich sind und Fehler nicht als Makel, sondern als Chance zum Lernen betrachtet werden. Schließlich muss VW Imperfektion nicht nur zulassen, sondern strategisch nutzen – mit klaren Qualitätszielen für den ersten Release und der Bereitschaft, Verbesserungen über Zeit nachzuliefern. Nur so bleibt das Unternehmen flexibel, nah am Kunden und fit für den globalen Wettbewerb.
Fazit: Tempo schlägt Perfektion – wenn die Qualität stimmt
Die größte Herausforderung für VW und andere deutsche Autobauer ist nicht technischer, sondern kultureller Natur. Es geht nicht darum, die Ansprüche zu senken oder durchschnittliche Produkte zu liefern. Entscheidend ist, die richtige Qualität zum richtigen Zeitpunkt zu bieten – um früh Erfahrungen zu sammeln, schnell zu verbessern und so langfristig ein überlegenes Software-Erlebnis zu schaffen. In der digitalen Mobilität gewinnt nicht derjenige, der perfekt startet, sondern derjenige, der schneller lernt und sich besser anpasst. Wer hingegen zu lange auf Perfektion wartet, riskiert, dass der Markt bereits an ihm vorbeigezogen ist.
Über René Schröder:
René Schröder ist Gründer und Geschäftsführer der RegSus Consulting GmbH und Experte für Produkt- und Softwareentwicklungsprozesse und digitale Transformation. Mit dem von ihm entwickelten Imperfect Product Paradigm (IPP) hilft er mittelständischen Unternehmen, gezielt ineffizienteProzesse zu optimieren und Wettbewerbsvorteile zu sichern. Sein Fokus liegt auf nachhaltiger Produktentwicklung, die Effizienz und Markterfolg steigert. Mehr Informationen unter: https://regsus.de/
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Datum: 21.05.2025 - 11:20 Uhr
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