BERLINER MORGENPOST: In der Vielfalt liegt viel Kraft - Leitartikel
(ots) - Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen. Rahn
schießt ... Nein, Rahn schießt nicht mehr. Özil schießt. Oder Cacau.
Oder Podolski, Khedira, Boateng. Es ist eher eine deutsche
International- als eine Nationalmannschaft, die da gerade ins
Achtelfinale vorgedrungen ist bei der Fußball-Weltmeisterschaft in
Südafrika. Ein ziemlich zusammengewürfelter Haufen, den wir anfeuern,
mit dem wir mitfiebern, über den wir stöhnen zu Hause und in den
Kneipen und auf den Fanmeilen. Manchmal spielen sie sogar ganz anders
als "wir", fein und filigran. Wir sind dann sehr stolz auf uns. Es
ist ja kein ganz neues Phänomen im Fußball, dass junge Menschen mit
Migrationshintergrund diesen wunderbaren Sport wählen, um endlich
mittendrin zu sein in unserer Gesellschaft. Um Freunde zu finden,
Spaß, aber auch die Möglichkeit zum Erfolg, zum gesellschaftlichen
Aufstieg. Der legendäre Schalker Kreisel zum Beispiel drehte sich vor
jetzt bald 100 Jahren um Fritz Szepan und Ernst Kuzorra, deren Eltern
aus Ostpreußen ins Ruhrgebiet gekommen waren, auf der Suche nach
Arbeit. Wir sollten uns also nicht zu sehr wundern, uns erst recht
nicht zu sehr bewundern für unsere Integrationsfähigkeit. Das hat,
auf dieser Ebene, auch schon unter anderen, härteren Umständen ganz
gut funktioniert. Und dennoch dürfen wir uns freuen. Über das 1:0 von
Mesut Özil, das uns geborene Weltmeister ziemlich erleichtert hat.
Und über diese zuweilen sehr spielstarke Mannschaft, die den
deutschen Tugenden jenen Schuss internationaler Schnelligkeit und
Wendigkeit hinzufügt, der auf sehr unterhaltsame Fußballabende hoffen
lässt in den kommenden Jahren. Die sind ja alle noch nicht so alt.
Wenn's nicht klappt am Sonntag gegen die Engländer, sollten wir das
bedenken, ehe wir den Flachbildschirm aus dem Fenster schmeißen vor
lauter Enttäuschung. Wir stehen am Anfang, nicht am Ende einer
Entwicklung. Das gilt auch für den zweiten freudvollen Aspekt dieser
neuen deutschen Mannschaft. Sie ist sichtbarer Ausdruck und Symbol
der wichtigen gesellschaftlichen Arbeit, die unsere Sportvereine
leisten. Integration von Menschen mit Wurzeln in der Fremde ist ja
nicht auf die Spitzenmannschaften in der Bundesliga oder gar in den
Auswahlteams beschränkt. Sie findet jeden Tag statt. Beim Training.
In der Kabine. Bei den Spielen. Es gibt dort sehr viele Menschen,
Trainer, Jugendwarte, Vereinsvorsitzende, Betreuer, die sich
engagieren, ehrenamtlich und ohne viel Aufhebens davon zu machen.
Wenn dieses deutsche Team weiterkommt, attraktiv spielt; wenn
Menschen mit und ohne ausländische Wurzeln gemeinsam jubeln auf der
Fanmeile über Özils Tor und Müllers Pass - dann ist das auch ein
Erfolg dieser Menschen. Und es ist ein Ansporn für uns, für
Deutschland weiterzumachen auf dem Weg zu einer Gesellschaft, die aus
ihrer Vielfältigkeit, auch aus ihren Konflikten eine Stärke macht.
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Datum: 24.06.2010 - 21:04 Uhr
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