Mittelbayerische Zeitung: Krank - und dann allein. Michael Schumachers 50. Geburtstag erinnert daran, dass schwere Schicksalsschläge immer noch viel zu oft ein Tabuthema sind. Von Jürgen Scharf
(ots) - Michael Schumacher wird an diesem Donnerstag 50
Jahre alt. Wie es der Formel-1-Legende wirklich geht, ist nicht 
bekannt. Der ehemalige Rennfahrer hat sich vor fünf Jahren bei einem 
Ski-Unfall schwer verletzt. Seitdem ist Schumacher aus der 
Öffentlichkeit völlig verschwunden. Sein Schicksal und der Umgang 
damit erinnert uns aber daran, dass Krankheit in unserer Gesellschaft
immer noch viel zu oft ein Tabuthema ist. Es wird Zeit, dass sich 
dies ändert: Denn Krankheit gehört genauso zum Leben wie Gesundheit. 
Das Drama um Schumacher und seinen Ski-Unfall wurde von Millionen 
Menschen auf der ganzen Welt verfolgt. Millionen Menschen, von denen 
viele selbst schwere Probleme haben. Menschen, die durch einen Unfall
oder eine Krankheit aus dem Leben, das sie bisher geführt haben, 
herausgerissen wurden oder im Alter Hilfe brauchen. Alleine in 
Deutschland sind knapp drei Millionen Menschen pflegebedürftig, und 
die Zahl wird in den kommenden Jahren weiter steigen. Besonders 
schwierig ist es, wenn diese Menschen nicht nur mit ihren 
gesundheitlichen Problemen kämpfen müssen, sondern auch mit einer 
Gesellschaft, die keinen wirklichen Platz für sie bereithält. Schwer 
kranke Menschen verschwinden meist aus der Öffentlichkeit. 
Privatsphäre ist bei Schicksalsschlägen auch wichtig. Nicht gut ist 
dagegen, wenn die Betroffenen und deren Familienmitglieder 
ausgegrenzt werden. Wenn ihnen andere Menschen aus dem Weg gehen, um 
nicht mit dem Leid einer schweren Krankheit konfrontiert zu werden. 
Deswegen ist es wichtig, dass sich Verbände um die Interessen von 
Betroffenen kümmern und sich dabei wenig um Berührungsängste scheren.
Der Amberger Armin Nentwig ist Bundesvorsitzender des Vereins 
Schädel-Hirnpatienten in Not, der vor 30 Jahren gegründet wurde und 
seitdem unglaublich gewachsen ist. Nentwig hat viel erreicht und 
hatte dabei ein Erfolgsrezept: Um etwas für seinen Verein 
durchzusetzen, nahm er auch schwer erkrankte Menschen zu 
Diskussionsrunden mit. Er hatte genug davon, dass über Krankheit oft 
nur als weit entferntes Thema gesprochen wird. Denn Krankheit ist 
nicht weit weg. Sie ist Alltag. Die moderne Leistungsgesellschaft tut
sich immer noch schwer damit, dass das Zusammenleben von gesunden und
kranken Menschen völlig normal sein sollte. Geradezu ein Unding ist, 
dass es im 21. Jahrhundert noch so viele veraltete Denkmuster, so 
viele Schubladen gibt. Dazu zählt etwa der gleichermaßen ängstliche 
wie distanzierte Umgang mit seelischen Krankheiten oder 
pflegebedürftigen Menschen. Wenn Familien durch Krankheit in Notlagen
geraten, erfahren sie zunächst oft große Unterstützung. Oft wird es 
dann aber recht schnell einsam um sie. Neben der körperlichen und 
finanziellen Belastung kommt gesellschaftliche Isolation hinzu. Dies 
müsste nicht sein, wenn Krankheit beim Kontakt mit Betroffenen kein 
Tabuthema oder im anderen Extrem - und manchmal genauso schwierig - 
das einzige Thema wäre. Und wenn Betroffene erleben, dass ihr Umfeld 
verunsichert auf ihre Situation reagiert, ziehen sich viele aus 
eigenem Antrieb in ihre eigene Welt zurück, um diesen Kontakten aus 
dem Weg zu gehen. Michael Schumachers Geburtstag könnte für uns alle 
ein Anlass sein, wieder offener aufeinander zuzugehen, auch auf 
Menschen mit schweren Krankheiten. Diese leben zwar mitten unter uns,
aber oft völlig zurückgezogen und praktisch vergessen hinter dicken 
Mauern. In diesen Mauern gibt es aber Türen, durch die man 
hindurchgehen kann. Dies mag dem einen leichter als dem anderen 
fallen, eines ist aber sicher: Jeder, der Kontakt zu kranken Menschen
aufnimmt, bekommt auch etwas zurück. In jedem Fall das Bewusstsein, 
dass das Leben aus vielen verschiedenen Teilen besteht, die fest 
zusammengehören.
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Datum: 02.01.2019 - 19:03 Uhr
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