Plagiatsverdacht: Hat Hamburgs Ex-Innensenator Neumann bei Doktorarbeit getäuscht?
(ots) - Der ehemalige Hamburger Innensenator Michael
Neumann (SPD) steht unter Verdacht, bei seiner Dissertation gegen
wissenschaftliche Standards verstoßen zu haben. Die Arbeit, mit der
er im Jahr 2017 an der Helmut Schmidt Universität/Universität der
Bundeswehr in Hamburg seinen Doktortitel erlangt hat, weist Dutzende
Plagiate auf. Das haben Recherchen des NDR Magazins "Panorama 3"
ergeben. Offenbar hat Neumann demnach entweder gar nicht oder nicht
korrekt auf die verwendeten Quellen verwiesen.
Die politikwissenschaftliche Dissertation trägt den Titel
"Länderneugliederung im deutschen Föderalismus am Beispiel des
Nordstaates". Die NDR Recherchen werfen den Verdacht auf, dass der
Verfasser kaum veränderte Textpassagen etwa aus dem Internetlexikon
"Wikipedia" oder von der Wissensseite "wasistwas.de" übernommen haben
könnte. So finden sich in der Arbeit Textpassagen, die beinahe
wortgleich mit dem Wikipedia-Eintrag "Norddeutsches Tiefland" und
"Preußen" sind. Die Ähnlichkeit eines Absatzes über den "Wiener
Kongress" mit einem Absatz des Webportals wasistwas.de zum gleichen
Thema ist verblüffend. Diese Internetseiten sind in der Doktorarbeit
jedoch nicht als Quelle angegeben. Der Verfasser verweist an diesen
Stellen stattdessen auf andere Quellen, die sich zwar einen Bezug zum
behandelten Thema haben, die aber nicht wörtlich zitiert werden.
"Hier werden bewusst falsche Fährten gelegt, um die eigentlichen
Quellen zu verschleiern", stellt Professor Gerhard Dannemann von der
Humboldt-Universität zu Berlin fest. Der Jurist ist Mitarbeiter von
VroniPlag Wiki, einer öffentlichen Dokumentation von
Wissenschaftsplagiaten. Gemeinsam mit einem Kollegen hat er sich mit
der Dissertation von Michael Neumann befasst. "In kurzer Zeit haben
wir an zehn Stellen versteckte Links gefunden, die etwa auf
Wikipedia-Beiträge verweisen", berichtet Dannemann. "Die meisten
dieser Quellen wurden überhaupt nicht angegeben." Damit liege aus
seiner Sicht der begründete Verdacht vor, dass der Verfasser
systematisch abgeschrieben habe, ohne korrekt auf Quellen zu
verweisen. "Es scheint ein Verfasser zu sein, der sich gern bei
anderen Texten als Schreibvorlage bedient."
Nach den Recherchen von "Panorama 3" hat der Autor in vielen
Fällen zwar zutreffende Quellen angegeben. Allerdings hat er oft
nicht gekennzeichnet, dass er mehrere Sätze fast wörtlich übernommen
hat. "Das ist keine wissenschaftlich korrekte Zitierweise", bemängelt
Dannemann. "Wörtliche Zitate müssen mit Anführungszeichen kenntlich
gemacht werden."
Darüber hinaus hat Neumann für die Erstellung der 274-seitigen
Arbeit offenbar die Hilfe des Dienstleisters editorio GmbH in
Anspruch genommen, wie aus den Dateieigenschaften des pdf-Dokuments
hervorgeht. Das Unternehmen wirbt mit legaler Unterstützung bei der
Fertigstellung von wissenschaftlichen Arbeiten. Auf NDR Nachfrage
bestätigte ein Mitarbeiter von editorio, dass man mit Neumanns
Dissertation befasst gewesen sei. Normalerweise sei es üblich, so
Dannemann, eine solche professionelle Unterstützung offenzulegen.
Dies ist nicht geschehen.
Der Experte für Plagiatssuche regt an, die Arbeit einer
gründlichen Untersuchung zu unterziehen. Die Universität der
Bundeswehr in Hamburg teilte mit, einem entsprechenden Verdacht
generell auch nachzugehen, zu konkreten Fällen sich jedoch nicht
äußern zu können. Nach Recherchen von "Panorama 3" beschäftigt sich
an der Universität das Gremium zu Untersuchung wissenschaftlichen
Fehlverhaltens seit Monaten mit Neumanns Dissertation.
Michael Neumann ließ die Anfrage von "Panorama 3" unbeantwortet.
Der SPD-Politiker war von 2011 bis 2016 Innensenator der Freien und
Hansestadt Hamburg. Am 18. Januar 2016 trat er überraschend von
seinem Posten zurück. Im Juni 2017 veröffentlichte er die
Dissertation und wurde so zum Doktor der Politikwissenschaften.
Mehr dazu heute (Freitag, 20. Juli) um 19.30 Uhr im "Hamburg
Journal" im NDR Fernsehen.
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Datum: 20.07.2018 - 12:07 Uhr
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