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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Entschädigung für frühere Heimkinder

ID: 314507

(ots) - Ich habe den Mann, der alle paar Wochen anruft,
weil er reden muss, noch nie getroffen. Aber in langen Gesprächen
habe ich erfahren, dass er wohl älter als 50, etwa 1,90 Meter groß
und »ein Mann wie ein Baum« sein muss. Umso erschütternder ist, dass
er regelmäßig nach einigen Minuten hemmungslos zu weinen beginnt und
seine Worte im Schluchzen untergehen. Jahrzehnte ist es her, dass er
seine Kindheit im Salvator-Kolleg in Hövelhof-Klausheide verbringen
musste. Bei seinem letzten Anruf hat mir der Mann endlich erzählt,
was ihm dort passiert war. Er sei im Kartoffelkeller von einem
Franziskaner missbraucht worden, schluchzte er ins Telefon. Zehn sei
er damals gewesen. So erschütternd das Schicksal dieses Mannes ist -
es ist kein Einzelfall. Natürlich sind nicht alle 800 000 Kinder und
Jugendlichen, die nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 70er Jahre
unter kirchlicher oder staatlicher Kontrolle aufwuchsen, vergewaltigt
worden. Aber auf die ein oder andere Weise haben Zigtausende unter
dem Machtmissbrauch der Erzieher, der Schwestern und Pater leiden
müssen. Da ist die Frau, die nie vergessen wird, dass sie und ihre
Zwillingsschwester als Waisen in einem evangelischen Heim immer und
immer wieder ihr Erbrochenes essen mussten. Und da ist der Mann, der
als Kind mangels anderer freier Heimplätze einfach in die Psychiatrie
des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe gesteckt worden war. Es ist
gut, das der »Runde Tisch Heimerziehung«, der gestern in Berlin nach
annähernd zweijähriger Arbeit seinen Abschlussbericht vorgelegt hat,
die Schuld der damals Handelnden und Verantwortlichen klar beim Namen
nennt. Alles andere wäre aber auch gar nicht vorstellbar gewesen. Es
ist jedoch unzureichend, dass der Runde Tisch dem Bundestag nur einen
Entschädigungsfonds von 120 Millionen Euro vorgeschlagen hat - rein
rechnerisch 150 Euro für jedes der 800 000 früheren Heimkinder.




Zigtausende jugendlicher »Zöglinge« mussten für Hella und andere
Firmen arbeiten, ohne dass für sie Geld in die Rentenkasse gezahlt
wurde. Andere wurden vergewaltigt, illegal mit Psychopharmaka
ruhiggestellt oder seelisch gequält. Wenn Kirche und Staat jetzt ihre
Schuld zugeben, muss sich diese Verantwortung auch in angemessenen
Entschädigungszahlungen ausdrücken - auch wenn kein noch so hoher
Betrag das Geschehene wiedergutmachen kann. Denn viele frühere
Heimkinder haben später nie Tritt gefasst. So hat der Mann, der mich
immer wieder anruft, nach eigenen Angaben gerade die 153.
Arbeitsstelle. Nie habe er sich länger als ein paar Wochen halten
können, weil seine Gedanken immer wieder um seine Vergewaltigung
kreisten, sagt er. Auch wenn das Geld knapp ist: Kirche und Staat
sollten die letzten Lebensjahre dieser Menschen schnell und großzügig
absichern. Sonst fühlen sich die früheren Heimkinder zu Recht über
den runden Tisch gezogen.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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Datum: 13.12.2010 - 21:30 Uhr
Sprache: Deutsch
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