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Der erste und der zweite Blick / Von Angelika Sauerer

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(ots) - Auf den ersten Blick ist die Entscheidung sehr einfach. Die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger, ihre körperliche Unversehrtheit steht an erster Stelle. Die Würde des Menschen ist unantastbar - das trifft auf alle, aber vielleicht sogar besonders auf die Kranken und Schwachen zu. Würde bedeutet hier auch, auf gerechte und angemessene Behandlung vertrauen zu dürfen, und zwar ohne Ansehen der Person, ihres Alters und der daraus resultierenden Lebenserwartung, der Schwere ihrer Erkrankung. In Italien, wo an Covid-19 Erkrankten die Luft zum Atmen fehlt und ihr Leben wegen fehlender Beatmungsgeräte gegen das anderer Kranker verrechnet wird, ist das im Moment nicht der Fall. Hier wird im Übrigen auch die Würde des Pflegepersonals, der Ärztinnen und Ärzte massiv verletzt, indem sie unter diesen Umständen arbeiten und Entscheidungen über Leben und Tod treffen müssen. Wenn wir also über Exitstrategien nachdenken - also darüber, wie und unter welchen Umständen vielleicht ein Ausstieg aus der das öffentliche und wirtschaftliche Leben lähmenden Massenquarantäne möglich sein könnte - dann muss klar sein, dass alle Optionen unter diesem Vorbehalt stehen: Der Schutz der Würde und des Lebens der Menschen muss die oberste Maxime für staatliches Handeln sein. Davon ausgehend hat sich die Politik dafür entschieden, der weiteren Ausbreitung des Sars-CoV-2-Virus mit massiven Ausgangsbeschränkungen entgegenzuwirken. Damit soll sichergestellt werden, dass die Zahl der Infizierten nicht weiter exponentiell ansteigt und die menschlichen und materiellen Ressourcen im Gesundheitssystem reichen werden, auch wenn die Zahl schwerer Krankheitsverläufe ansteigen wird. Die Entscheidung war und ist richtig. Auf den zweiten Blick wird es jedoch kompliziert. Denn es geht nicht einerseits um den Schutz von Leben und andererseits um den - in einer derartigen Krisensituation vielleicht zurückstehenden - Schutz von wirtschaftlichen Interessen. Es geht vielmehr einerseits um Leben und andererseits um Existenz - also auch um Leben: Das ist das Dilemma, in dem politisches Handeln derzeit steckt. Existenz ist die Lebensgrundlage, die neben dem Ökonomischen auch das Kulturelle, das Soziale, die Kunst und wenn man will sogar den Sport und das Vergnügen mit einschließt. Wer die Freiheit, sich in all diesen Facetten zu entfalten, einkassiert, selbst mit gutem Grund, darf das nicht auf Dauer tun und muss die Konsequenzen ins Auge fassen, etwa dass Vereinsamte sich das Leben nehmen, dass häusliche Gewalt zunimmt, dass die Finanzhilfen eben nicht in jedem Fall reichen. Die Entscheidungsträger müssen sich vor allem stets von Neuem erklären, sie müssen argumentieren und überzeugen. Politisches Handeln, das sich - auch wenn das Ziel hehr ist - als "alternativlos" darstellt, ist undemokratisch. Insofern hat der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder nicht recht, wenn er sagt: "Eine Exit-Debatte, so verständlich sie sein mag, kommt jetzt zur Unzeit." Im Gegenteil ist jetzt der richtige Zeitpunkt dafür, um zu überlegen, wie eine Rückkehr zur Normalität möglich sein kann. Man muss über kontrollierte Infektion nachdenken dürfen, auch wenn man diesen Weg lieber wieder verwirft. Was spricht gegen das Gedankenexperiment, den Schutz von Risikogruppen zu intensivieren und dafür den Freiraum für andere wieder zu vergrößern? Selbst wenn es noch lang nicht so weit ist: Irgendwann müssen wir ja wieder raus. Wieso sollte die Gesellschaft nicht darüber debattieren, ob sie auf ein Stück Datenschutz verzichtet, sich digital tracken lässt und im Gegenzug Bewegungsfreiheit erlangt? Auf dem Höhepunkt einer Krise verengt sich der Spielraum für staatliches Handeln. Man fährt auf Sicht. Einen Plan für das Ende des Tunnels zu entwickeln, schadet trotzdem nicht.





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