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Mittelbayerische Zeitung: Keine Kraft für die Zukunft / Die Groko zieht Halbzeitbilanz und stellt sich - wenig überraschend - ein gutes Zeugnis aus. Der tatsächliche Zustand der Regierung ist ein anderer. Von Jana Wolf

ID: 1768447


(ots) - Was soll schon dabei herauskommen, wenn ein Schüler sich
selbst ein Zeugnis ausstellt? Schlechte Noten sicherlich nicht. Und so fällt die
lange erwartete Halbzeitbilanz der großen Koalition erwartungsgemäß positiv aus.
Kein Wunder. Der Groko-Schüler will "viel erreicht und umgesetzt" haben, wie es
in dem 84-seitigen Bilanzdokument heißt, das das Kabinett gestern abnickte. Man
habe sich "nach der Regierungsbildung an die Arbeit gemacht", um Versprechen an
die Bürger umzusetzen. Gleichzeitig habe man auf unvorhergesehene Entwicklungen
mit neuen Maßnahmen reagiert. Doch das Zwischenzeugnis liest sich nur auf den
ersten, flüchtigen Blick wie das eines Musterschülers. Bei genauem Hinsehen
scheinen Zwischentöne durch. Ganz abgesehen von den personellen Querelen, die
alles überlagern. Die Regierung findet keinen Ausweg aus dem selbst gemachten
Dilemma. Dass die SPD mehr schlingert als mitregiert, ist offenkundig. Der
Streit um die Grundrente ist nur das aktuellste von vielen Beispielen, die
zeigen, wie sehr die Sozialdemokraten von der eigenen Selbstfindung überfordert
sind. Statt zügig mit dem Koalitionspartner einen überfälligen Kompromiss
auszuhandeln, macht die SPD das Thema zur Machtfrage: Mit der Grundrente steht
und fällt die Entscheidung, ob man zum Verbleib in der Groko bereit ist. Dass es
hier um die Anerkennung der Lebensleistung von Bürgern geht, die jahrzehntelang
gearbeitet haben, tritt in den Hintergrund. Ausgerechnet die Sozialdemokraten
verlagern eine wichtige Gerechtigkeitsfrage auf das verminte Feld politischer
Machtspiele und schleifen damit ihre ureigenen Konturen weiter glatt. Sozial ist
das sicher nicht. Eher zynisch. Seit dem Wahldebakel in Thüringen steht die CDU
der SPD in nichts mehr nach, wenn es um die Verhärtung auf Personaldebatten
geht. Junge-Union-Chef Tilman Kuban stellte offen die Führungsfrage und




attackierte damit die Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich
Merz schimpfte das Erscheinungsbild der Regierung "grottenschlecht". Mit solchen
Ätzereien erweisen die internen Kritiker der eigenen Partei einen Bärendienst.
Und so erscheint die CSU derzeit als einzig stabile Kraft in der Koalition, die
sich nicht offen selbst zerfleischt. Viel schwerer als der Imageschaden für die
Parteien wiegt der der Umstand, dass Glaubwürdigkeit und Vertrauen in die
Regierung weiter schwinden. Schon im August bescheinigte die
Bertelsmann-Stiftung der Regierung, dass sie zwar viele Vorhaben aus dem
Koalitionsvertrag umgesetzt habe, aber in der Bevölkerung davon wenig ankomme.
Um mit der eigenen Politik zu den Bürgern durchzudringen, braucht es kraftvolle
Stimmen, die leidenschaftlich für die eigene Sache kämpfen - keine
Besserwisserei und das Begleichen alter Rechnungen. Es braucht Ideen, wie
Digitalisierung gestaltet, wie öffentliche Daseinsvorsorge (Wohnen, Kitas,
Nahverkehr, etc.) bezahlbar und flächendeckend ausgebaut, wie die Kluft zwischen
Arm und Reich gekittet werden kann. Wo sind die Köpfe, die glaubhaft vermitteln,
dass sie eine Vision für die Zukunft des Landes haben? Bislang sind die meisten
Köpfe im Berliner Machtzentrum mit sich selbst beschäftigt. Für das Entwickeln
von Zukunftsideen bleibt kaum mehr Energie. Diese Kraft muss freigesetzt werden.
Die Halbzeitbilanz ist symptomatisch für die Lage. Denn tatsächlich hat die
Regierung viele Projekte bereits umgesetzt, vom Ausbau von Kitas und Pflege bis
zum Kohleausstieg. Lust auf Regieren versprüht in Berlin trotzdem kaum jemand.
Und so kam die "Bestandsaufnahme" gestern entsprechend nüchtern daher. In dem
Papier heißt es weiter: "Es bleibt auch noch viel zu tun". Hoffentlich weist
dieses "viel" über den eigenen Machterhalt hinaus.



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Datum: 06.11.2019 - 19:55 Uhr
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