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Frauenquote: Lieber spät als nie / Von Jana Wolf

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(ots) - In Deutschlands Vorstandsetagen geht es unvernünftig zu. So zumindest lautet die bemerkenswert offene und kritische Lageeinschätzung der Kanzlerin zum Anteil von Frauen auf Topposten in der Topwirtschaft. Sie halte es für "absolut unzureichend", dass es immer noch börsennotierte Unternehmen ohne eine einzige Frau im Vorstand gebe, sagte Merkel bei der jüngsten Regierungsbefragung. Diesen Zustand könne man nicht vernünftig finden. Stimmt, kann man nicht. Tatsächlich ist der Befund der Kanzlerin nicht nur kritisch, sondern auch zutreffend. Deutschland tut sich im europäischen Vergleich bislang vor allem als Schlusslicht hervor. Im Ranking der europäischen Finanzbranche etwa liegen die deutschen Banken mit 0,0 Prozent Frauen an den Chefposten ganz hinten, neben Malta und hinter Griechenland. In 66 Prozent der Vorstandsgremien börsennotierter Unternehmen sitzt gar keine Frau. Nimmt man alle deutschen Börsen-Konzerne zusammen, liegt der Frauenanteil in der Topetage bei schmalen 9,2 Prozent. Diese Zahlen sind nicht nur peinlich für ein Land, das sich selbst gerne als fortschrittlich und führend in Europa präsentiert. Sie sind auch schädlich. Viele Studien zeigen, dass Diversität den Unternehmen gut tut, sie wirtschaftlicher und krisenfester macht. Es gibt sogar Stimmen, die die jüngsten Finanzskandale von Cum Ex bis Wirecard in Zusammenhang mit rein männlichen Entscheiderstrukturen setzen. So sagte etwa der Chef der Bürgerbewegung Finanzwende, Gerhardt Schick, der "Süddeutschen", dass durch gemischte Teams üble Fehlentwicklungen leichter zu korrigieren seien. Das ist eine steile These. Man muss gar nicht so weit gehen, um anzuerkennen, dass Vielfalt in Vorstandsposten immer auch eine Vielfalt in Lösungsansätzen bedeutet. Wer kann das nicht vernünftig finden? Bemerkenswert an Merkels Worten ist auch, dass sie sich damit an die Seite der SPD-Familienministerin stellt - und gegen den CDU-Wirtschaftsrat. Franziska Giffey will die Frauenquote auf mehr Unternehmen ausweiten und eine Mindestvorgabe für Vorstände einführen. Dass solche Regelungen sinnvoll sind, zeigt die geltende Quote für Aufsichtsratsposten großer Unternehmen. Seit deren Einführung 2016 werden nicht nur die Aufsichtsräte weiblicher, sondern die Quotenunternehmen setzen sich auch ehrgeizigere Ziele. Merkel will nun eine Mehrheit für die Ausweitung der Quote organisieren. In den bald 15 Jahren ihrer Kanzlerschaft hat sie sich selten als Fürsprecherin der Frauen hervorgetan. Auf den letzten Metern ihrer Amtszeit legt sie nach. In diesem Punkt gibt es eine Parallele zu Merkels Partei. Auch in der CDU stehen nach langem Ringen die Pläne zur Quotierung, auch hier will die scheidende Chefin noch etwas bewegen. Konkret geht es um eine schrittweise Quote von 50 Prozent bis 2025 für Vorstandswahlen ab der Kreisebene, über die der Parteitag im Dezember noch entscheiden muss. Das ist freilich kein revolutionärer Schritt: Bei der SPD gilt seit Langem eine 40-Prozent-Marke, die Grünen achten streng auf Parität. Die CDU zügelt nach, doch für ihre Modernisierung ist es ein unerlässlicher Schritt. Dass Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer die Quote als eine ihrer letzten Amtshandlungen ihrem aller Voraussicht nach männlichen Nachfolger hinterlassen wird, ist eine geschickte Volte. Nun gibt es manche, die sich sträuben. Sie zählen auf: CDU-Kanzlerin, Noch-CDU-Chefin, EU-Kommissionspräsidentin der CDU - ob das nicht reiche, wo da das Problem sei, fragen sie. Nun, es zeigt sich bei den Christdemokraten spätestens dann, wenn man in die zweite Reihe blickt, und in der Wirtschaft reicht oft schon der Blick in die erste. Dort nämlich ist der Frauenanteil viel zu gering. Schöner wäre es natürlich, die einzelnen Frauen an der Spitze hätten ausgereicht, um einen Kulturwandel hin zu mehr Chancengleichheit zu erreichen. Noch sind wir vom Ziel der Parität aber weit entfernt. Solange es nicht erreicht ist, brauchen wir Quoten. Lieber spät als nie.





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