Pistorius zu Hanau: "AfD trägt Mitschuld an fataler Enthemmung"
(ots) - Pistorius zu Hanau: "AfD trägt Mitschuld an fataler
Enthemmung"
Niedersachsens Innenminister erhebt schwere Vorwürfe gegen Sicherheitsbehörden -
SPD-Politiker für mehr Polizeibefugnisse und härtere Strafen gegen Täter von
rechts
Osnabrück. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat der AfD eine
Mitverantwortung für die rassistisch motivierten Morde in Hanau gegeben:
"Natürlich gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen dem Erstarken der AfD
und der Zunahme rechter Gewalt", sagte Pistorius im Interview mit der "Neuen
Osnabrücker Zeitung". "Ausländischen Mitbürgern wird die Menschenwürde
abgesprochen. Das ist so gefährlich, weil es manche erst dazu bringt, zur Tat zu
schreiten. Hier ist eine fatale Enthemmung in Gang geraten, und die AfD trägt
daran Mitschuld", so der SPD-Politiker wörtlich. "Man muss sich doch nur einmal
anhören, was Herr Höcke vor wenigen Tagen bei Pegida gesagt hat. Eindeutiger
geht es nicht."
Mit der AfD sitze eine Partei in den Parlamenten, "die verbal alle Grenzen
überschreitet", sagte Pistorius weiter. Und auf den Straßen und im Untergrund
formierten sich Netzwerke, die bürgerkriegsähnliche Situationen vorbereiten und
Menschen töten würden. "Beide haben das Ziel - die einen parlamentarisch und die
anderen auch mit Gewalt - die Gesellschaft und den Staat zu destabilisieren und
die Demokratie auszuhebeln."
Scharfe Kritik übte Pistorius an den Sicherheitsbehörden. "Es hat viel zu lange
Sehstörungen bestimmter Behörden auf dem rechten Auge gegeben. Das Radar war
teilweise falsch ausgerichtet", beklagte der Innenminister von Niedersachsen.
"Das muss dort jetzt korrigiert werden, weil sich vor unseren Augen etwas
abspielt, was es im Nachkriegsdeutschland noch nie gab." Verbale Attacken gegen
Menschenwürde und Menschlichkeit hätten so massiv zugenommen, "dass sich niemand
wundern darf, wenn darauf Anschläge auf Menschen folgen. Diese Entwicklung ist
zu lange auch von führenden Köpfen der Sicherheitsbehörden unterschätzt worden".
Ein "krasses Beispiel" sei Hans-Georg Maaßen an der Spitze des Bundesamtes für
Verfassungsschutz gewesen.
Als Konsequenz aus dem Anschlag forderte Pistorius breitere
Ermittlungsmöglichkeiten. "Wir müssen auch prüfen, ob Polizei und der
Verfassungsschutz weitreichendere Befugnisse brauchen, damit Extremisten
rechtzeitig und schneller erkannt werden und sich nicht auf WhatsApp oder in
anderen Netzwerken unterhalb des Radars der Sicherheitsbehörden organisieren
können und dort weiter radikalisieren", sagte der Innenminister der NOZ. "Da
müssen wir - mit Augenmaß und begleitet von parlamentarischer Kontrolle - weiter
ran." Zugleich warnte der SPD-Politiker vor "Illusionen". "Wäre Hanau, wären
vorangegangene Anschläge mit erweiterten Befugnissen verhindert worden?
Mutmaßlich nicht."
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