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Glyphosat-Studien aus unter Betrugsverdacht stehendem Tierversuchslabor

ID: 1792231


(ots) - Mehrere Tierversuchsstudien für die Zulassung des Pestizids
Glyphosat stammen von einem Laborbetreiber, der offenbar Ergebnisse von
Experimenten gefälscht hat. Das staatliche Bundesinstitut für Risikobewertung
(BfR) nennt in seinem letzten Gutachten über das Unkrautvernichtungsmittel für
die EU bei 14 Untersuchungen die Hamburger Firma "LPT" (Laboratory of
Pharmacology and Toxicology) als Quelle, wie die Tageszeitung "taz"
(Mittwochausgabe) berichtet. Hinzu kommen mindestens 7 Studien, die sich anhand
der Nummernkennung und des Autors wahrscheinlich dem LPT zuordnen lassen. Alle
21 Untersuchungen wurden von dem Hamburger Chemiehändler Helm AG beauftragt, der
zu den Antragstellern für die Zulassung von Glyphosat gehörte. Das BfR-Gutachten
war die wichtigste Vorarbeit für die EU-Behörden, die Glyphosat 2017 für weitere
5 Jahre zugelassen haben.

Der Fall könnte die Glaubwürdigkeit des amtlichen Pestizid-Zulassungssystems
weiter erschüttern. Denn das BfR vertraute den LPT-Studien stärker als von der
Industrie unabhängigen Untersuchungen, weil die zuständige Landesbehörde in
Hamburg das Labor nach den "Grundsätzen der Guten Laborpraxis" zertifiziert
hatte. Die Richtlinien schreiben den Laboren zum Beispiel interne Kontrolleure
vor, die überprüfen sollen, ob Ergebnisse gefälscht werden. "Dieses System hat
hier auf jeden Fall versagt", sagte Toxikologe Peter Clausing, Vorstandsmitglied
der Umweltorganisation Pestizid-Aktionsnetzwerk Deutschland, der taz.

Möglicherweise beeinflusst der Fall LPT auch das gerade laufende EU-Verfahren
zur Verlängerung der Erlaubnis für den Wirkstoff Glyphosat, den die
Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation als "wahrscheinlich
krebserregend" eingestuft hat. Glyphosat wird unter anderem von Monsanto - der
der US-Tochter des Chemiekonzerns Bayer - produziert und ist das meistverkaufte




Ackergift weltweit.

In der ARD-Fernsehsendung "Fakt" hatten im Oktober und November mehrere
ehemalige LPT-Mitarbeiter bestätigt, dass die Firma Versuche mit Medikamenten
manipuliert habe.

"Der LPT-Skandal hat deutlich gemacht, dass die Integrität des GLP-Systems nicht
gewährleistet ist und die vermeintliche ''Fälschungssicherheit'' von GLP-Studien
daher trügerisch ist", sagte Helmut Burtscher-Schaden, Biochemiker des
österreichischen Umweltverbands Global 2000, der taz. Weil die Manipulationen so
eklatant und jahrzehntelang nicht aufgefallen seien, liege der Verdacht nahe,
dass auch in anderen Labors gefälscht werde. "Da die Behörden sich sehr stark
auf GLP-Studien verlassen, ist keine Pestizidzulassung mehr sicher", so
Burtscher.

Der Grüne Bundestagsabgeordnete und Pestizidexperte Harald Ebner erklärte, der
Fall "stellt den ganzen GLP-Standard in Frage". Die Risikobewertung von
Glyphosat müsse "neu aufgerollt werden", so der Politiker.

In Hamburg ist die dortige Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz nach
eigenen Angaben für die GLP-Prüfungen zuständig. "Aktuell ist die
GLP-Bescheinigung für LPT aus dem Jahre 2017 gültig", teilte das Amt der taz
mit. Nachdem dem Labor vorgeworfen worden war, Versuchstiere ausgetauscht zu
haben, "wurde zusätzlich eine Nachinspektion im Dezember 2019 durchgeführt".
Doch dabei habe man "keine grundsätzlichen Verstöße" gegen die GLP-Regeln
festgestellt. Auf die Frage der taz, ob das Amt in dem Fall versagt habe,
antwortete es: "Nein, die im gesetzlichen Rahmen vorgeschriebenen Prüfungen
wurden durch die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz regelmäßig
durchgeführt" - und zwar seit 1991 "mindestens alle 3 Jahre".

Die taz fragte das LPT, ob es auch die Glyphosat-Studien gefälscht habe. Das
Unternehmen antwortete, "dass wir alle gesetzlichen Vorschriften insbesondere im
Zusammenhang mit dem Tierwohl einhalten."

Das BfR, die Bayer AG und der Hamburger Chemiehändler Helm AG, der in Frage
stehende LPT-Studien in Auftrag gegeben hatte, ließen eine Bitte der taz um
Stellungnahme bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Das grundlegende Problem ist für Umweltschützer Clausing, dass die
Pestizidhersteller die Studien für die Zulassung selbst in Auftrag geben und
selbst die Labore aussuchen. Dadurch könnten die Labore unter Druck geraten,
Gefälligkeitsgutachten zu erstellen, um weitere Aufträge von den Herstellern zu
bekommen. "Deshalb müssen die Studien künftig über einen industrieunabhängig
verwalteten Fonds finanziert werden, der sich aus Gebühren der antragstellenden
Firmen speist", so Clausing.

jma/ksc

Bitte verlinken, Sie - falls möglich - den Originalartikel bei taz.de:

https://taz.de/Zweifelhafte-Glyphosat-Gutachten/!5661084/

Pressekontakt:

taz - die tageszeitung
taz Redaktion Wirtschaft & Umwelt
Telefon: +49-30-25902-227

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